Lesezeichen
‹ Alle Einträge

McDonald’s in Peking ist fleischlos

 

Wütend stampft der Fünfjährige mit dem rechten Fuß auf den Boden. „Ihr hattet mir die kleinen Hühner-Stücke versprochen“, schreit er. „Was es nicht gibt, gibt es halt nicht“, antwortet die Mutter genervt und zerrt ihren Sohn aus dem Laden.

Normalerweise ist die McDonald’s-Filiale in Pekings beliebtem Ausgehviertel Sanlitun schon am frühen Morgen überlaufen. Vor allem Schüler und Studenten treffen sich gerne hier zum Frühstück, bevor sie in der schul- und vorlesungsfreien Zeit zu ihrem Ferienjob eilen. Doch an diesem Morgen ist der Laden leer. Auch der Geruch ist anders als sonst üblich: Statt nach heißem Frittierfett duftet es an diesem Morgen dezent nach frisch gebrühtem Kaffee. Der Grund: McDonald’s hat sein gesamtes Fleisch-Angebot gestrichen.

Seitdem vergangene Woche bekannt geworden ist, dass der Shanghaier Fleischlieferant Husi Food Gammelfleisch verpackt und ausliefert, zieht der Skandal in China immer weitere Kreise. „Wir bedauern, dass wir derzeit nur ein eingeschränktes Menü in unseren Restaurant anbieten können“, steht auf Hinweisschildern geschrieben, die in der McDonald’s-Filiale an der Kasse hängen. Nicht anders sieht es in den meisten anderen Filialen in Peking aus. Husi Food beliefert in China unter anderem auch Kentucky Fried Chicken (KFC), Pizza Hut und Starbucks. Auch KFC musste sein Angebot reduzieren.

Mit versteckter Kamera hatte ein Fernsehsender gefilmt, wie Mitarbeiter grün angelaufenes Fleisch untermischen und selbst heruntergefallene Stücke weiter verwenden. Der Sender berichtete, abgelaufene Produkte seien neu verpackt und mit neuem Haltbarkeitsdatum versehen worden. Die Tochterfirma des US-Konzerns OSI musste auf Anweisung der Firmenzentrale sein gesamtes Sortiment in China zurückziehen. Die chinesischen Behörden hatten zuvor mehr als 1.000 Tonnen Fleisch von Husi Food beschlagnahmt.

„Nein, das Veterinäramt war nicht bei uns“, sagt die Verkäuferin hinter dem Tresen der McDonald’s-Filiale. Am Montag habe sie lediglich erfahren, dass kein Fleisch mehr geliefert werde. Was vom Vortag noch im Tiefkühlraum war, sollte weggeschmissen werden. Das sei alles, was sie wüsste, sagt sie.

Auch Filialen in Japan und Hongkong betroffen

Freundlich, aber bestimmt leiert die Verkäuferin mit dem dunklen Häubchen auf dem Kopf an diesem Morgen immer gleichen Satz herunter: „Heute gibts nur Pommes, Apfeltaschen, Erfrischungsgetränke und Fischburger.“ „Nicht einmal ein EggMcMuffin?“, fragt ein Kunde. „Nein, nur Pommes, Apelftaschen, Erfrischungsgetränke und Fischburger“, wiederholt sie. Dafür könne er aber eine Plastikfigur einer bekannten japanischen Manga-Serie erhalten. Die gebe es sonst nur zum Happy Meal, sagt sie. Der Kunde entscheidet sich für einen Becher Kaffee.

Abgesehen vom schreienden Fünfjährigen nehmen die meisten Kunden das eingeschränkte Angebot in der McDonald’s-Filiale gelassen hin. „Ich wusste gar nicht, dass der Fischburger so gut schmeckt“, sagt ein Kunde. Eine Frau sagt, sie komme ohnehin nur wegen des Kaffees her. Der koste sehr viel weniger als bei Starbucks. Eine Schülerin hat es auf die Kuchentheke des McCafés abgesehen. „Ich wollte eh schon mal die Macarons probieren“, sagt sie.

Der Umsatzverlust dürfte für die Fastfood-Kette trotzdem enorm sein. Und nicht nur ein Großteil der mehr als 4.000 McDonald’s-Filialen in China können derzeit nicht beliefert werden. Auch Filialen in Japan und Hongkong sind betroffen. McDonald’s China kündigte an, das Netzwerk von Lieferanten auszuweiten. In einigen Restaurants werde im August wieder die komplette Auswahl angeboten. „Bei anderen könnte es ein wenig länger dauern“, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns.

Die Verkäuferin hinter dem Tresen wirkt gar nicht unglücklich über die wegbleibende Kundschaft. „Wir haben an den anderen Tagen immer so viel zu tun“, sagt sie. Da mache es nichts aus, dass es mal an ein paar Tagen etwas ruhiger zugehe. Ob sie keine Angst habe, dass die Kunden dauerhaft wegbleiben? „Nein“, ist sie sich sicher. Dafür sei McDonald’s viel zu beliebt.