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Mehr Eigenverantwortung für Radfahrer

 

Deutschland ist ein Autofahrerland. Das Fahrrad wird als ernstzunehmendes Verkehrsmittel gerade erst wieder entdeckt. Welches Potenzial es hat, will der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) mit seinem neuen verkehrspolitischen Programm zeigen. Es sieht vor, bis 2025 mehr Menschen aufs Fahrrad zu bringen und das Radfahren bundesweit leichter und komfortabler zu gestalten. Um diese Ziele zu erreichen, muss sich allerdings noch einiges ändern.

Neun Punkte hat der ADFC dazu in seinem Programm formuliert. Viele Aspekte zur Radverkehrsförderung oder zur Wichtigkeit von Image-Kampagnen sind bekannt und werden in einigen Bundesländern auch bereits umgesetzt. Was fehlt, ist die flächendeckende Umsetzung der Best-Practice-Beispiele.

Ein wachsendes Problem sind zum Beispiel die sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf den Radwegen. Der Anteil der Elektroräder steigt kontinuierlich – darum wird auf den Radwegen im Schnitt schneller gefahren. Viele der Wege sind aber zu schmal für dieses Tempo, gefahrloses Überholen ist nicht ohne weiteres möglich. Die Entwicklung überholt gerade das Regelwerk für Verkehrsplaner, die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA. Die wurde zwar erst 2009 überarbeitet, aber der Trend Elektrorad hat erst danach richtig Fahrt aufgenommen. Das Ergebnis: Wer vor vier Jahren begonnen hat, neue Radwege anzulegen, und dabei nicht immer die maximalen ERA-Empfehlungen für Wegebreiten gewählt hat, steht heute eigentlich schon wieder vor einem veralteten Wegenetz.

Der ADFC fordert eine Infrastruktur, die den Ansprüchen aller Radverkehre und den unterschiedlichen Fahrradtypen Rechnung trägt. Gleichzeitig fordert er die Aufhebung der Radwege-Benutzungspflicht. Denn diese zwingt nach Ansicht des Fahrradclubs den Radfahrer vielfach auf Pfade, die den modernen Anforderungen an Verkehrssicherheit und Komfort nicht entsprechen.

Das klingt revolutionärer als es ist. Bereits 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bestätigt, dass Radfahrer im Regelfall auf der Fahrbahn fahren dürfen und Städte und Gemeinden nur im Ausnahmefall Radwege als benutzungspflichtig kennzeichnen dürfen.

Der Ansturm der Radfahrer auf die Straße blieb aus: Das objektive und subjektive Sicherheitsempfinden der Radfahrer sind nicht zu unterschätzen. Obwohl es wissenschaftlich erwiesen ist, dass Radler auf der Straße sicherer unterwegs sind, fühlen sich viele dort unwohl. Sie bevorzugen den separaten Bordsteinradweg.

„In die Planung muss einfließen, dass Radfahrer je nach Können, Kraft und Wegezweck sehr unterschiedliche Ansprüche an Infrastruktur und Verkehrsführung haben“, erklärt der ADFC. Zwar plädiert der Fahrradclub grundsätzlich für eine klare Trennung zwischen Fuß- und Radweg, wünscht sich aber in Ausnahmefällen eine Freigabe der Gehwege für den Radverkehr. Sinn ergibt das schon allein, wenn Eltern mit kleinen Kindern unterwegs sind.

Der ADFC stärkt mit seiner Forderung die Eigenverantwortung der Radfahrer. Wie der Club richtig feststellt, brauchen gute Radverkehrsanlagen keine Benutzungspflicht. Und wenn Radfahrer auf einem Elektrorad plötzlich mit Geschwindigkeiten um die 30 km/h unterwegs sind, stellt sich ohnehin die Frage: Gehören die überhaupt noch auf den Radweg?

Das komplette Programm des ADFC ist hier nachzulesen.