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Radfahren mit Kopftuch

 

Afghan Cycles Trailer from LET MEDIA on Vimeo.

Frauen dürfen nicht Rad fahren – jedenfalls nicht in einigen islamischen Ländern. Die religiösen Führer, allen voran die Taliban, verbieten es ihnen. Werden Frauen auf dem Rad erwischt, droht ihnen Gefängnis. Dennoch lassen sich Frauen nie ganz davon abbringen und steigen trotzdem aufs Rad. Derzeit trainiert in Afghanistan ein Rennrad-Team für die Olympischen Spiele 2016. Unterstützt werden die 50 Frauen von Shannon Galpin. Die Mountainbikerin und Gründerin der Nichtregierungsorganisation Mountain 2 Mountain setzt sich seit Jahren für die Rechte und Bildung von Frauen und Kindern ein. Als Sponsor für die mutigen Frauen hat Galpin den Hersteller Giant gewonnen, der sie mit Rennrädern versorgt. Die Regisseurin Sarah Menzies drehte zudem einen etwa 20-minütigen Film über die Rennradfahrerinnen. Im Herbst 2014 soll er in Amerika in die Kinos kommen. Der Trailer ist oben zu sehen.

Das Thema Radfahren und Frauen bewegt die Menschen in vielen Ländern. In diesem Jahr sorgte die Regisseurin Haifaa al-Mansour mit ihrem Film Wadjda für Aufsehen. Die 11-jährige Hauptdarstellerin wünscht sich nichts sehnlicher als ein Fahrrad. Aber sie darf nicht Rad fahren. Zu diesem Zeitpunkt ist es Frauen in Saudi-Arabien verboten (seit April ist das Verbot gekippt). Um das Geld für ihr Traumfahrrad zu bekommen, nimmt Wadjda an einem Koranwettbewerb teil.

In dem Film wird das Rad zum Symbol der Freiheit und Selbstverwirklichung. Es steht für die Moderne. Dinge, die fundamentalistische Islamisten gefährlich finden. Deshalb lassen sie Frauen wegsperren, die gegen das Radfahrverbot verstoßen.

Dabei sind die Beweggründe der vermeintlichen Regimegegnerinnen oft simpel. Sie wollen Rad fahren, weil es ihnen schlichtweg Spaß macht. So zum Beispiel Iranerinnen, die sich in inoffiziellen Frauen-Radsportvereinen organisieren. Sie treffen sich heimlich in Vereinen mit unverfänglichen Namen wie Frühling. Damit verstoßen sie gegen die Fatwa, die islamische Rechtsprechung.

Um nicht verhaftet zu werden, werden die Treffpunkte ihrer Ausfahrten nur hinter vorgehaltener Hand weitergeben. Sie fahren auf einsamen Straßen und auf Trails durch entlegene Gebirge. Dabei halten sie sich – wie auch die Rennradfahrerinnen aus Afghanistan – strikt an die Kleidervorschrift: lange Hose, Tschador unterm Helm und außerdem ein Shirt, das die Handgelenke und die Form des Hinterns verdeckt.

In demokratischen Gesellschaften radeln gläubige Muslima, ohne mit ihrer Religion in Konflikt zu kommen. In Hamburg ist selbst die Imamin Halima Krause häufig auf ihrem Rad unterwegs.

In Afghanistan ist das Frauen noch verboten. Trotzdem trainiert die Frauenmannschaft für Olympia 2016. In ihrem Film Afghan Cycles zeigt die Regisseurin Sarah Menzies zwölf von ihnen beim Training und in ihrem Alltag in einem von Männern dominierten Land. „Die Frauen sind stolz, ihr Land bei internationalen Rennen vertreten zu dürfen“, zitiert Andreas Bähren in der aktuellen Ausgabe des Fahrradmagazins Fahrstil Shannon Galpin. „Sie zeigen der Welt eine andere Seite von Afghanistan und gleichzeitig ihrem Land eine andere Sicht auf Frauen als Sportlerinnen.“

Im kommenden Jahr ziehen die Nato-Soldaten aus Afghanistan ab. Bleibt zu hoffen, dass die jungen Sportlerinnen bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro antreten können.