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Fahrradpreis für Hamburgs Bummelweg und Rennstrecke

 

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Die gepunktete Linie markiert den Loop. © Hansestadt Hamburg

Hamburg hat kürzlich für einen Radweg den Deutschen Fahrradpreis im Bereich Alltagsmobilität zugesprochen bekommen. Den erhielt die Hansestadt für den Loop, was plattdeutsch ist und Rundlauf heißt.

Der Loop ist ein 6,5 Kilometer langer Freizeitrundkurs, oder auch Mehrzweckweg, und befindet sich auf der Elbinsel in Wilhelmsburg. Die Idee dafür kam im Rahmen einer Bürgerbefragung im Stadtteil. Das Vorbild kommt aus Amerika: Der Wilhelmsburger Loop soll den Wegen nachempfunden sein, die sich etwa durch den New Yorker Central Park schlängeln. Dort sind Jogger, Skater, Fußgänger und auch Radfahrer unterwegs. Alle sind gleichberechtigt, keiner hat Vorrang, alle nehmen Rücksicht. So soll es auch auf dem Loop sein.

Der Hamburger Loop ist ein Kind der Internationalen Bau- und Gartenbauausstellung, die 2013 auf der Elbinsel stattfand. Im Zuge dieser Veranstaltungen wurde der ehemalige Problem-Stadtteil saniert. Die Hansestadt wollte gezielt das Image der Elbinsel verbessern und den Wilhelmsburgern und Hamburgern, die auf der anderen Flussseite leben, den „Sprung über die Elbe“ erleichtern. Häuser und Straßenzüge wurden renoviert oder abgerissen und neu gebaut. Außerdem sollte der Stadtteil eine neue Radinfrastruktur erhalten.

Jetzt hat Wilhelmsburg erst mal den 3,5 bis 4 Meter breiten Loop. Der Freizeitweg führt teilweise mitten durch den Stadtteil und verbindet die beiden S-Bahn-Stationen der Stadtteile Wilhelmsburg und Veddel miteinander, wie die Karte oben zeigt.

Schnelle Verbindung zwischen Wilhelmsburg und Veddel © Reidl
Schnelle Verbindung zwischen Wilhelmsburg und Veddel © Andrea Reidl

Diese Strecke ist wirklich schön. Der Asphalt ist prima, der Weg breit. Und er nutzt konsequent ein schmales grünes Band aus Schrebergärten, um die Radfahrer durch die Stadt zu leiten.

Mehrmals kreuzen Autostraßen den Loop. Die Pkw muss man als Radfahrer vorlassen. Einmal endet der Loop auch abrupt vor einer Brücke. Wussten die Planer nicht, wie sie die Radfahrer die 200 Meter über die Brücke lenken sollten? Jedenfalls fragt man sich, warum die durchgehende blaue Markierung des Loops auf dem Asphalt plötzlich endet. Wer hier das erste Mal unterwegs ist, kann sich eine der beiden rechts abbiegenden Straßen aussuchen. Nur eine ist richtig. Ideal sieht anders aus!

Wo geht es weiter? Vor der Brücke rechts oder hinter der Brücke rechts? © Reidl
Wo geht es weiter? Vor der Brücke rechts oder hinter der Brücke rechts? © Andrea Reidl

In Veddel endet der Loop ebenfalls unvermittelt einige Hundert Metern vom S-Bahnhof entfernt. Das ist schade, denn das bedeutet: Wer in Veddel aus der S-Bahn steigt, muss ohne Ortskenntnis lange suchen, um den Loop zu finden, oder er muss sich durchfragen. Einen Wegweiser gibt es nicht.

Ein weiteres Teilstück führt durch die Innenstadt von Wilhelmsburg. Hier ist die Bezeichnung Mehrzweckweg sehr treffend. Auf dem Weg tummeln sich an dem sonnigen Märznachmittag Kinder, Erwachsene und jede Menge Vierbeiner. Sie nehmen die ganze Breite des Weges ein, bummeln dahin. Der Freizeitkurs ist eine sichere Strecke, über die man tagsüber gemächlich dahingleiten kann – Shared Space für Nahmobilität. Zwischenzeitlich, wenn die Route durch den alten Teil Wilhelmsburgs führt, verjüngen sich die Wege immer mal wieder sehr. Es wird eng. Autofahrer haben meistens weiterhin Vorfahrt, fast überall wo Straßen kreuzen.

Freizeitweg mitten in Wilhelmsburg:  Den Loop sollen sich hier Fußgänger, Radfahrer und Skater teilen © Reidl
Freizeitweg mitten in Wilhelmsburg: Den Loop sollen sich hier Fußgänger, Radfahrer und Skater teilen. © Andrea Reidl

Der Loop ist durchaus nachahmenswert. Er hebt die Lebensqualität in der Stadt. Aber er ist ein Freizeitweg, kein ernstzunehmender Radweg, auf dem man zügig Rad fahren kann. Ein solcher sieht anders aus. Dazu wären mehr Strecken nötig, die dem Teilstück zwischen Veddel und Wilhelmsburg entsprechen.

Aber in Wilhelmsburg soll noch weitergebaut werden. Der Stadtteil soll Modellstadtteil für den Radverkehr werden. „Wir fühlen uns durch die Auszeichnung bestärkt und werden konsequent weitere Strecken auf hohem Qualitätsniveau ausbauen“, sagt Bezirksamtsleiter Andy Grote. „Hierzu gehören 2014 die Velorouten 10 und 11 ebenfalls in Wilhelmsburg sowie der Weiterbau des Loop selbst.“

Das hört sich gut an. Es bleibt abzuwarten, was daraus wird. Ich bin gespannt.

Hamburg hat übrigens dieses Jahr beim Fahrradpreis richtig abgeräumt. Der erste Preis in der Kategorie Freizeit/Tourismus erhielt die Hamburger KonzertKultour Gbr für ihre „Fahrradgarderobe“. Das ist eine mobile Fahrradparkplatzlösung für Großveranstaltungen jeder Art. Simpel, aber effektiv. Der Deutsche Fahrradpreis wird seit 2000 verliehen, er ist ein Gemeinschaftsprojekt unter anderem mit dem Bundesverkehrsministerium, der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) und dem Zweirad-Industrie-Verband (ZIV).

Die Fahrradgarderobe im Einsatz beim MS Dockville im vergangenem Jahr © KonzertKultour
Die Fahrradgarderobe im Einsatz beim MS Dockville im vergangenem Jahr © KonzertKultour