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Gedenken 3000

Die Berliner Volksbühne gedenkt Christoph Schlingensiefs.

Das Motto der Veranstaltung Gedenken 3000 für Christoph Schlingensief klingt platt und ist doch konsequent – oder dem Anlass angemessen. Immerhin wird hier eine ganze Stadt eingeladen zu einem öffentlichen Trauerfest. Im großen Stile zelebriert die Volksbühne den Abschied von einem sehr lauten, sehr öffentlichen und sehr visionären Menschen. Mit ihrem Festakt erweist sie Christoph Schlingensief eine letzte wilde Ehre und feiert sein Vermächtnis.

Der Abend spiegelt die Bandbreite seines Ouevres: Die Volksbühne zeigt neben Filmen auch Installationen und im ganzen Haus finden Gespräche und Darbietungen statt. Zudem widmet der rbb Schlingensief eine lange Filmnacht und überträgt sie ab 23.15 Uhr in die Volksbühne. Währenddessen wird an einer großen Tafel gemeinsam getrunken und gegessen, was die Anwesenden mitgebracht haben.

Wer teilnehmen möchte, sollte sich anmelden unter: +49 (0)30 240 65 777 oder ticket@volksbuehne-berlin.de.

20 Uhr | 6. November 2010 | Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz | Linienstr. 227 | Berlin Mitte

Nebenan startet das Kino Babylon die Christoph Schlingensief Retrospektive mit Die 120 Tage von Bottrop – Der letzte neue deutsche Film.

23 Uhr | 6. November 2010 | Kino Babylon | Rosa-Luxemburg-Str. 30 | Berlin Mitte

 

Züli Aladag und Die Anderen

© Züli Aladag

Die Ausstellungsreihe Labor Berlin im HKW präsentiert zugezogene Künstler aus der ganzen Welt und ihre Sicht auf Berlin.

Der Regisseur und Künstler Züli Aladag hinterfragt mit Die Anderen das Konzept der Andersartigkeit. Er lebt seit 2002 in Berlin und ist türkischer und kurdischer Abstammung. Für seine Ausstellung hat Aladag Berliner interviewt, sowohl Deutsche als auch Nicht-Deutsche.

Seine Videos sind Porträts der Einen und der Anderen. Sie dokumentieren Vorurteile, Selbstbilder und gängige Klischees. Vor allem zeigen die Arbeiten, wie absurd der Versuch einer pauschalen Gegenüberstellung ist, etwa zwischen den Deutschen aus Mitte und den Muslimen im Wedding und Kreuzkölln.

© Züli Aladag

Damit es nicht bei einem höflich-interessierten Ausstellungsbesuch bleibt, stellt der Künstler den Besuchern Kopftücher oder Gebetskappen. Sie sollen sich die Fremdheit aneignen und die Ausstellung aus der Sicht der Anderen erleben.

Die Verwandlungen am Eröffnungsabend dokumentieren vom Künstler signierte Polaroid-Porträts. Sie sind die Künstleredition, die zu Die Anderen erscheint.

Das wiederum ist ein cleverer Schachzug von Aladag. Die Besucher kostümieren sich nicht einfach, um danach guten sozialen Gewissens in das Wochenende zu gehen. Sie bringen einen Teil ihrer Selbst in die Kunst ein. Ihre Integration lässt sich in einem monetären Wert aufwiegen. Das gibt dem Entfremden das angemessene Gewicht.

Um 20 Uhr findet das Künstlergespräch mit Züli Aladag statt.

19 Uhr | 5 November 2010 | Studiogalerie im Haus der Kulturen der Welt | John-Foster-Dulles-Allee 10 | Berlin Tiergarten

 

Neurotische Bewegung

© Chris Van der Burght

Alain Patel und les ballets C de la B lassen den Körper sprechen

Die Produktion Out of Context – for Pina huldigt dem Tanztheater und seiner Ikone Pina Bausch. Die Inszenierung ist schlicht, aber mitreissend. Choreograph Alain Patel konzentriert sich auf die Körper der unterschiedlichen Tänzer. Er überzeichnet ihre individuellen Strategien, Gefühle wie Unwohlsein physisch auszudrücken – oder zu überspielen.

Soviel Körperlichkeit gefällt wahrscheinlich nur aufgeschlossenen Tanzliebhabern.

19.30 Uhr | 5. November 2010 | Hebbel am Ufer – HAU 1 | Stresemannstr. 29 | Berlin Kreuzberg

 

the place to be

Die Feuilletons schwärmen schon. Heute Abend stürmen die ersten Besucher den Großversuch Carsten Höllers.

Der Künstler hat die historische Halle des Hamburger Bahnhofs in ein tableau vivant verwandelt, darin Rentiere und Fliegenpilze. Sie sind der Stoff, aus dem Soma entstehen könnte, der mythische Trank der Erkenntnis und Unsterblichkeit. Belegen soll das Höllers gigantische Versuchsanordnung mit zwei identischen Tiergehegen. Nur eine der beiden Rentier-Gruppen frisst die Giftpilze, berauscht dann mit ihrem Urin Vögel, Mäuse und Fliegen. Ob das stimmt, erfährt aus Prinzip niemand. Es gehe ihm nämlich um die persönliche Erfahrung der Besucher und nicht um das Soma, zitiert Monopol Carsten Höller.

Die Welt jedenfalls fühlt sich allein vom Anblick der Tiere leicht, glücklich, berauscht. Und der Tagesspiegel würdigt den vorläufigen Höhepunkt an Extravaganz, der in einem Museum zu erreichen ist.

Extravagant ist aber nicht nur der Aufwand, den der Künstler und Direktor der Nationalgalerie Udo Kittelmann betrieben haben. Wem es 1000 Euro wert ist, der kann in der Mega-Installation auch übernachten. Die Lektüre eines exklusiven Erfahrungsberichtes von ZEIT-Autor Tobias Timm wirft bei mir vor allem die Frage auf: Ist die Schau auch massentauglich?

Die Walton Ford-Ausstellung war bereits eine Qual. Die Besucher schoben einander von Aquarell zu Aquarell. Und Höllers Ausstellung dürfte erst recht vom Publikum gestürmt werden.

Wenn es stimmt, dass der Reiz von Soma in der aufmerksamen Suche nach vorhandenen oder eingebildeten Verhaltensauffälligkeiten liegt und dass gerade die selbstvergessene Kontemplation der surrealen Szenerie Glücksgefühle auslöst, dann bleibt diese Erfahrung den meisten Besuchern wohl verwehrt.

20 Uhr | 4. November 2010 | Hamburger Bahnhof | Invalidenstr. 50/51 | Berlin Mitte

 

Angeschlagene Moderne

© The Office

Der Künstler Florian Dombois setzt die Reihe Performances im Hansaviertel fort.

Veranstaltungsort ist das Eternithaus des Architekten Paul Baumgarten. Jede Performance nimmt Bezug auf die Akustik des Foyers. Diesmal verwickelt Florian Dombois das Publikum in eine Klangperformance.

Sowohl das Spiel als auch das anschließende Konzert basieren auf seiner Klangskulptur Angeschlagene Moderne. Dombois hat für diese Arbeit 48 Skulpturen durch Hammerschläge zum Klingen gebracht. Dombois bewegt sich im Grenzbereich von Kunst und Wissenschaft. Der Geophysiker und Philosoph leitet an der Berner Hochschule der Künste das Institut für Transdisziplinarität, kurz: Y.

Der Abend kann entweder erfrischend absurd oder total krampfig werden – je nach Publikum. Aber die Location alleine ist den Versuch wert.

18.30 Uhr | 4. November 2010 | Tiergarten Eins (Eternithaus) | Altonaer Str. 1 | Berlin Tiergarten

 

Nachts bei Sprüth Magers

Der literarische Nachtclub HARDCOVER findet heute in der Galerie Sprüth Magers statt.

HARDCOVER sprengt das klassische Lesungsformat: Schauspieler aus dem Ensemble des Maxim Gorki Theater tragen literarische Neuerscheinungen vor. Wahlweise lesen dazu die Autoren, finden Musikperformances statt oder werden Filmsequenzen gezeigt. Das Ganze endet dann in einem Clubabend. Heute ist die Galerie Sprüth Magers Gastgeber der Lesung, die unter dem Motto Das wahre Leben im Fälscher steht. Zu Gast ist der schottische Autor William Boyd, ein Meister der Täuschung.

In seinem Roman Nat Tate entwirft er die Biografie des fiktiven Malers Nat Tate, einem vermeintlich in Vergessenheit geratenen Expressionisten aus New York. Boyd stellt Leben und Werk so überzeugend dar, dass die New Yorker Kunstszene bei Erscheinen des Buches meinte, Herrn Tate tatsächlich gekannt zu haben! Der Schauspieler Wilhem Eilers trägt Auszüge aus der deutschen Übersetzung vor, die gerade im Berlin Verlag erschienen ist.

Im Anschluss unterhalten sich Boyd und der Monopol-Chefredakteur Holger Liebs über ihre liebsten Themen: Fälschung und Kunst.

20 Uhr | 4. November 2010Sprüth Magers Berlin | Oranienburger Straße 18 | Berlin Mitte

 

Künstler, Musik und Weißwursttattoos

Zweite Dada(da) Akademie im White Trash

Die Künstler Amelie und Philip Grözinger verantworten zusammen mit Yaneq von Party Arty die Dada(da) Akademie. Auf der Bühne rocken Berliner Künstler, die nebenbei auch Musiker sind.

Heute treten auf: die B-Men (Marc Bijl, Marcus Sendlinger, Manfred Peckl, Schlaegel), Jo Normal and the cambridgeBlueMan (aka Johanna Thompson and Lea Nicholson) und DJ Stray Kat.

Letztes Mal gab’s dazu einen herrlich bescheuerten Weißwursttattoo-Wettbewerb.

20 Uhr | 4. November 2010White Trash Fast Food | Schönhauser Allee 6-7 | Berlin Mitte

 

Politisches Kunst-Kino

© bankleer

Das Arsenal zeigt die Programmreihe Der Standpunkt der Aufnahme.

Jeden Mittwoch geht es im Arsenal um die Frage, wie sich politischer Film heute darstellt. Die neun Sessions präsentieren Filme und Videos, deren Kontext mal künstlerisch mal aktivistisch ist. Zunächst stellen ihre Macher jeweils sich und ihre Arbeiten vor. Anschließend präsentieren die Eingeladenen Filme, die wiederum ihre eigenen Arbeiten geprägt haben.

Heute Abend steht ein Politgrusel-Abend auf dem Programm. Der Kurator Tobias Hering hat das Künstlerduo bankleer eingeladen. bankleer besteht seit 1999 aus Karin Kasböck und Christoph Leitner. Ihre Videos kombinieren Videoaktivismus und Kunstaktion, Dokumentation und Fiktion. bankleer filmen ihre Performances. bankleer zeigen im Arsenal erst drei eigene Videos. Zombies und andere untote Randfiguren der Gesellschaften brechen darin in die Realität ein. Dann folgt auf den Dokumentarfilm Les Maitres fous (1955) von Jean Rouch der Film Terror 2000 (1992) von Christoph Schlingensief.

Die Gäste der nächsten nächsten Mittwochs-Sessions sind Brigitta Kuster (10.11.), Raphaël Cuomo und Maria Iorio (17.11.) sowie Bärbel Schönafinger (kanalB) (24.11.).

19.30 Uhr | 3. November 2010 |Arsenal- Institut für Film und Videokunst e.V.| Potsdamer Straße 2 | Berlin – Mitte

 

Jazzanova Live

© Ben Wolf Jazzanova feat. Paul Randolph und Studnitzky Trio in der Maria

Jazzanova & Friends geben ihr erstes Berlin-Konzert für dieses Jahr. Wer gerne dabei sein möchte, darf sich auf regen Andrang einstellen.

20 Uhr | 3. November 2010 | Maria am Ostbahnhof | An der Schillingbrücke | Stralauer Platz 33-34 | Berlin Friedrichshain

 

Mit Instrumenten und so

Orchestre National de Jazz © Annabelle Tiaffay

Das JazzFest Berlin 2010 findet parallel zum Clubfestival BerMuDa statt.

Der Schwerpunkt des Jazzfestivals liegt dieses Jahr auf Europa. Musiker aus über fünfzehn Ländern bespielen fünf Tage lang die Bühnen im Haus der Berliner Festspiele, den Georg-Neumann-Saal des Jazz-Institut Berlin sowie die einschlägigen Clubs A-Trane und Quasimodo.

Spannend hört sich die Late-Night-Reihe an der Seitenbühne der Festspiele an. Der künstlerische Leiter Nils Landgren hat junge Jazzer eingeladen, die sich über die musikalischen Genregrenzen hinwegsetzen.

3. bis 7. November 2010 |Programm