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Zum Pro & Contra über private Seenotrettung in der ZEIT

 

Sehr geehrte Leser,

die Seite 3 der aktuellen ZEIT-Ausgabe hat innerhalb unserer Redaktion, aber auch unter den Lesern viele Diskussionen ausgelöst. Die Kritik bezog sich in erster Linie auf zwei Punkte:

1. Durch die Hauptzeile „Oder soll man es lassen?“, die von vielen als einziges gelesen wurde, konnte der Eindruck entstehen, als würde in der ZEIT-Redaktion diskutiert, ob man überhaupt Menschen aus dem Mittelmeer retten sollte. Denn erst durch die Unterzeile wird dann klar, dass sich unser Pro & Contra auf die private Rettung von Flüchtlingen bezieht.

2. Andere Kritiker stoßen sich daran, dass die ZEIT die private Seenotrettung an sich infrage stellt und diese Position in einem Für und Wider als diskussionswürdig erachtet. Dazu allerdings stehen wir – weil diese Debatte eine in Europa und auch in Deutschland sehr relevante Streitfrage ist.

Wir bedauern, dass sich einige Leser in ihrem ethischen Empfinden verletzt gefühlt haben, und dass der Eindruck entstehen konnte, die ZEIT oder auch Mariam Lau würden einer Seenotrettung generell eine Absage erteilen.

Dies ist nicht der Fall.

Sabine Rückert
Bernd Ulrich

69 Kommentare


  1. […] Im Zeit-Blog hatten Ulrich und die ebenfalls stellvertretende Chefredakteurin Sabine Rückert am Donnerstag bekräftigt, dass die Zeit “die private Seenotrettung an sich infrage stellt und diese Position in einem Für und Wider als diskussionswürdig erachtet”. Die Debatte sei eine in Europa und auch in Deutschland sehr relevante Streitfrage. Sie bedauerten, dass der Eindruck entstanden sei, die Zeit oder Autorin Mariam Lau “würden einer Seenotrettung generell eine Absage erteilen.” […]

  2.   Julia Molé

    Danke, Frau Lau. Respekt für Ihren Mut. Lassen Sie sich nicht unterkriegen von Kontrahenten, die Sie absichtsvoll missverstehen.

    Jedem unvoreingenommenen Leser ist klar, dass Sie nicht daran rütteln, dass ein Schiff auf Notrufe zu reagieren und Schiffbrüchige aufzunehmen hat.

    Wer das nicht von der Frage unterscheiden will, welches Handeln in Vorwegnahme künftiger Notrufe geboten ist, der möge sich gerne gut fühlen, aber nicht für einen politischen Diskussionspartner halten.

  3.   detlef richter

    „Ich teile Miriam Laus Analyse und Schlussfolgerungen. Volle Zustimmung. Die private Seenotrettung trägt nichts, aber auch gar nichts zur Beseitigung der Ursachen des Migrationsdrucks bei.“

    Das soll sie doch auch gar nicht – dafür ist die Politik zuständig.
    Seenotrettung soll Menschen vor dem Ertrinken retten, nicht mehr und nicht weniger.
    Und dafür solle man sie nicht kriminalisieren, im Gegenteil.

  4.   Cora Knoblauch & Steen Lorenzen

    Schade, dass die journalistische Tiefe der Wochenzeitung immer häufiger von journalistischen Tiefschlägen konterkariert wird. Dabei hat sich die Redaktion das gängige Talkshow-Prinzip zu eigen gemacht: Wichtig ist, dass ein Thema polarisiert und damit Aufmerksamkeit geschaffen wird, nicht, WIE über ein Thema substantiell berichtet werden kann. Mit dieser Art von „Journalismus“ ist die ZEIT schon in der Me-Too-Debatte aufgefallen (Jens Jessens Behauptung, der Diskurs würde von einem totalitären Feminismus geprägt), nun wird mit dem Pro und Contra zum Thema Seenotrettung auch die humanistische Grundeinstellung des Blattes und Ihrer Leser*innen zur Talkshow-Debatte gestellt. Dass Thesen wider der Menschenrechte vertreten werden dürfen, „weil es sie nun einmal gibt“, das ist der Offenbarungseid eines Blattes, dass sehr wohl jeden Tag darüber entscheiden kann (und muss), welchen Ausschnitt der Welt es zeigt und welchen es wie kommentiert. Nun also gehört die rechtspopulistische Agenda dazu. Ein Armutszeugnis!

  5.   Computerscrabble

    Was ist nicht verstanden habe, und ich bitte ernsthaft um Aufklärung:
    Was ist der Unterschied zwischen privater Rettung und staatlicher Rettung ?(Frontex?) Sind die privaten näher der afrikanischen Küste?

  6.   pfuetz

    Wenn man diese Diskussionen hier verfolgt, wird scheinbar nicht von allen verstanden, wo das Problem liegt.

    Und, nein Frau Rückert und nein, Herr Ulrich, Ihre „Entschuldigung“ oben reicht nicht!

    Herr Restle hat es sehr einfach und klar ausgedrückt (Facebook, im Monitor-Account):

    „Liebe Zeit,

    das Sterbenlassen von Menschen ist keine Option, sondern Barbarei. Fakt ist: Jeder Flüchtling hofft darauf, in Seenot gerettet zu werden. Aber keiner flieht übers Meer, weil es private Seenotretter gibt. Ergo: Wer die Seenotrettung unterbinden will, nimmt das Sterben von Flüchtlingen billigend in Kauf. Und nein, da gibt es kein Pro und Contra!

    Georg Restle“

    Ja, man kann zu den ganzen Dingen, die rund um all das stattfinden, Beiträge liefern, ja, man kann das kommentieren, und ja, ich erwarte auch, daß da klar Stellung bezogen wird (dass das, was Herr Seehofer und andere machen, indem sie dieSeenotrettung in Frage stellen, und sogar Seenotrettungsschiffe (egal, ob staatlich oder privat!) und deren Kapitäne vor Gericht stellen wollen, ist (und sollte es ganz besonders in einer Hafenstadt wie Hamburg sein!) ein Unding, und gehört auf’s Schärfste kommentiert.

    Ein „Pro und Kontra“ signalisiert aber, daß da etwas „verhandelbar“ sei. Das ist diese „ja, aber…“ Denkweise…

    Und das geht, zumindest für mich, überhaupt nicht.

    Daher habe ich heute morgen mein jahrezehntelang laufendes Abonnement Der Zeit gekündigt, um auch Ihnen „zu schaden“, so, wie Sie mit diesem Beitrag der „Menschlichkeit“, dem „Anstand“ und dem Grundgedanken der Menschlichkeit und Solidarität geschadet haben.

    Solche Artikel sind die Basis, auf der Parteien wie die AfD aufgehen können, weil sie erst das Undenkbare denkbar machen.

    Ich danke für Jahrzehnte engagierten Journalismus, und drücke Ihnen die Daumen, daß Sie aus dem Fehler, den Sie gestern gemacht haben, lernen werden. Dennoch und nochmals: Ihr Versuch einer Entschuldigung ist leider gründlichst schief gegangen. Ich gebe Ihnen aber noch eine zweite Chance, denn Menschen können und dürfen Fehler machen, sie müssen aber bereit sein, daraus zu lernen.

    Nehmen sie sich ein Vorbild an Heribert Prantl, und seinem Kommentar zu ihrer gestrigen Seite drei, und nehmen sie das, was Herr Restle sagte, zu Herzen, gehen sie nochmals in sich, und lassen sie uns dann wissen, wie sie damit umgehen wollen.

    Wenn ich in Hamburg wäre, wäre ich heute zum Speersort gekommen, und hätte einen riesen Stapel Exemplare von gestern mitgebracht, und in einem Feuer vor Ihrem Hause verbrannt, um ihnen zu signalisieren, wie sie mit diesem Beitrag das Feuer in der Diskussion um diesen Themenbereich schüren und weiter mit entfachen.

    Ich hoffe, daß sie dies zum Anlass nehmen, nochmals gründlich in sich zu gehen, und ihre Aussage von dort oben zu revidieren.

  7.   ruski

    Ein Mensch in Lebensgefahr MUSS gerettet werden. Und zwar egal von wem! Über alle anderen Fragen kann man debattieren, über diese einfach nicht. Wir sehen gerade ganz aktuell, was passiert, wenn private Helfer die Seenotrettung nicht ausüben können. Und das Ergebnis muss uns alle zutiefst beschämen. Alle Fragen nach einem, wem man nützt und wem man schadet, mögen begründet sein, sind aber absolut zweitrangig. Man darf NIEMANDEN ertrinken lassen, wenn es die Möglichkeit gibt, diesem das Leben zu retten. Diesbezüglich kann es eine andere meinung geben, aber dann geben wir Europa und unsere Werte komplett auf.

  8.   Namensgebung

    „Wir bedauern, dass sich einige Leser in ihrem ethischen Empfinden verletzt gefühlt haben“

    Ich finde die ganze Diskussion hysterisch.
    Jene, die sich „in ihrem ethischen Empfinden verletzt gefühlt haben“, zählen möglicherweise auch zu den Kommentatoren, die Schnappatmung hatten, weil so ausführlich über die Rettung der thailändischen Fußballmannschaft berichtet wurde.

  9.   Jörg Plath

    Es steht außer Frage, dass Seenotrettung möglich sein muss und natürlich geleistet werden muss. Allerdings ist schon zu diskutieren, wie diese aussehen sollte. Alles, was in irgendeiner Weise mit Schleppern assoziiert ist, ist keine Seenotrettung! Es muss zudem diskutiert werden, wer wirklich aus einer humanitären Notlage nach Europa will. Insofern wären Asylzentren in Nordafrika eine sehr sinnvolle Sache, um Gefahren für Flüchtlinge bei der Mittelmeerpassage zu minimieren. In dem Zusammenhang wäre Frontex weiter zu stärken, genau wie die Aktivitäten zur Sicherung der Nordgrenzen Afrikas, um Schleppern das Handwerk zu legen.

  10.   Konfusius

    Deutschlandfunk:
    ‚Der Journalistik-Professor Klaus-Dieter Altmeppen sagte im Deutschlandfunk Kultur, es sei ganz einfach eine Frage von Humanität und Menschenwürde, Leben zu retten. Da gebe es kein Contra. Wenn es das Anliegen der „Zeit“ gewesen sei, mit dieser bewusst provokativen Fragestellung auf die Not der Menschen aufmerksam zu machen, dann sei dies misslungen, argumentiert Altmeppen.

    Auch in den Sozialen Medien kochte die Wut gegen das Blatt und die „Zeit“-Redakteurin Mariam Lau hoch, die das Meinungsstück gegen private Seenotrettung verfasst hat. Die Publizistin Maragarete Stokowski sprach von einem kalten verdorbenen „Wahnsinn“.‘

    https://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-entsetzen-ueber-die-zeit-wegen-pro-und-contra.1939.de.html?drn:news_id=902822

 

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