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Warum ZEIT ONLINE die Corona-Zahlen nicht mehr selbst erhebt

 

Die Meldungen zu Corona-Infektionen und Todesfällen kommen jetzt vom RKI

Über mehr als zwei Jahre hat ein Team von ZEIT ONLINE Meldungen über Corona-Infektionsfälle und auf Covid-19 zurückzuführende Todesfälle mehrmals täglich auf den 400 Webseiten der zuständigen Landkreise gesammelt. Diese Arbeit stellen wir zum 13. Juni ein. Künftig verwenden wir die entsprechenden Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI). Nach wie vor aktualisieren wir das Corona-Dashboard auf der Homepage von ZEIT ONLINE und unsere entsprechenden Artikel – nur eben mit einer anderen Datenquelle. Hier erklären wir, warum wir uns für diesen Schritt entschieden haben.

Am Anfang gab es keine offiziellen Daten

Als erstes deutsches Medium zeigte ZEIT ONLINE ab dem 26. Februar 2020 auf der Startseite eine Karte mit täglich aktuellen Corona-Zahlen. Zu diesem Zeitpunkt gab es von offizieller Stelle noch kein zentrales Datenangebot. Wir recherchierten jeden Fall selbst, durch Anrufe beim RKI oder Meldungen aus Lokalmedien.

Nach und nach veröffentlichte das RKI immer mehr eigene Zahlen zur Pandemie. Trotzdem bauten wir unsere Datensammlung weiter aus. Gemeinsam mit den freien Journalisten René Engmann und Matthias Kreienbrink erarbeiteten wir einen Prozess, mit dem wir das Infektionsgeschehen aktueller und präziser abbilden konnten, als es mit den RKI-Daten möglich gewesen wäre. Denn die zeigten einen erheblichen Meldeverzug, insbesondere an Wochenenden und an Feiertagen. Die Stadt- und Landkreise meldeten oftmals schon früher.

Einblick in die manuelle Datensammlung von ZEIT ONLINE

Datenerhebung des RKI hat sich verbessert

Heute, mehr als zwei Jahre später, hat sich die Lage verändert. Die Meldewege zwischen Laboren, Gesundheitsämtern und dem RKI wurden erheblich verbessert. Statt per Fax melden die meisten Labore positive PCR-Befunde inzwischen digital ans Gesundheitsamt, das RKI stellt die Daten auch in maschinenlesbarer Form über die Plattform Github transparent und für jeden einsehbar zur Verfügung.

Gleichzeitig priorisieren die Gesundheitsämter heute die gesetzlich verpflichtende Meldung ans RKI vor der Veröffentlichung auf der eigenen Website. Der Geschwindigkeitsvorteil, den wir durch die Recherche direkt bei den Ämtern bislang hatten, geht dadurch verloren. Darüber hinaus kommt es immer häufiger zu großen Nachmeldungen, die die Inzidenzen entsprechend verzerren. Einige Ämter stellten die Meldungen über ihre Websites sogar komplett ein. Die täglichen Daten treten zudem eher in den Hintergrund. Sinnvoller ist die Betrachtung im Wochendurchschnitt. Daher zeigen wir in unseren Visualisierungen auch nur noch diese an.

Bedeutung der Fallzahlen hat sich verändert

Und auch die Bedeutung der verschiedenen Metriken hat sich im Laufe der Pandemie verändert. Als wichtigster Indikator galt lange Zeit die Sieben-Tage-Inzidenz – also die Zahl der gemeldeten Neuansteckungen pro 100.000 Einwohnern innerhalb einer Woche. An ihr lässt sich als Erstes ablesen, wenn in einer Region die Zahl der Ansteckungen steigt. Doch weil mittlerweile ein großer Teil der Bevölkerung geimpft ist, erkranken anteilig an allen Infizierten weniger Menschen schwer. Zugleich haben die Bundesländer den Zugang zu PCR-Tests eingeschränkt, weshalb ein geringerer Teil der Infektionen überhaupt statistisch erfasst wird.

Mehrere Kennzahlen statt nur der Sieben-Tage-Inzidenz


Die Inzidenz bleibt weiterhin von Bedeutung, vor allem als Frühwarnindikator. Um aber ein umfassendes Bild der aktuellen Corona-Lage zu bekommen, müssen auch die Zahl der Krankenhausaufnahmen und die Zahl der Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation betrachtet werden. Daher konzentrieren wir uns nun darauf, bei allen Visualisierungen in unserem Dashboard und in Artikeln möglichst alle Kennzahlen auf einmal im Blick zu halten.

58 Kommentare

  1.   LakMoose

    >> auf Covid-19 zurückzuführende Todesfälle <<

    Das ist sachlich unkorrekt. Die Meldungen lauteten stets "an und mit Corona", "mit" Corona ist aber kein auf Corona zurückzuführender Todesfall.

  2.   Machts.Sinn

    „Über mehr als zwei Jahre hat ein Team von ZEIT ONLINE Meldungen über Corona-Infektionsfälle und auf Covid-19 zurückzuführende Todesfälle mehrmals täglich auf den 400 Webseiten der zuständigen Landkreise gesammelt.“

    Eine unglaubliche Verschwendung von Ressourcen!

  3.   Dr. LURCH

    Irgendwann musste man ja mal von dem toten Gaul absteigen.

  4.   klausi

    Danke für die lange Pionierarbeit. Privatinitiative hat für lange Zeit mal wieder bewiesen, dass sie aktueller, schneller und besser funktioniert als staatliches Handeln. Ich bin gespannt, was wir an Evaluationsergebnissen zum 30.06. zu lesen bekommen.


  5. […] 13. Juni 2022 Rotes Kreuz Warum ZEIT ONLINE die Corona-Zahlen nicht mehr selbst erhebt – Fragen der Zeit  blog.zeit.de […]

  6.   Ein Unbekannter

    Am Anfang war das vielleicht noch sinnvoll (obwohl ja nur die RKI Zahlen die wirklich offiziellen waren), spätestens seit September 2021 war das allerdings völlig unnütz. Hier hätte man die Ressourcen besser dafür nutzen können, um das Gesundheitswesen dahingehend zu monitoren und zu berichten , ob sich an der Personalsituation etwas substanziell verbessert hat oder die Weichen dafür gestellt werden.

  7.   Heiner Hofmann

    Vielen Dank für über zwei Jahre Recherche und präzise Veröffentlichungen. Wir konnten unseren knapp 200 Mitarbeitenden eine Orientierung in schwieriger Zeit geben.

    Beste Grüße Heiner Hofmann
    ASB DRK JUH Rettungsdienst Bielefeld gGmbH

  8.   Jessica14

    Ich fand die Daten graphisch sehr gut aufgearbeitet, auf regionaler wie auch auf internationaler Ebene. Großes Lob dafür. Trotzdem folgerichtig und auch zum Glück, dass irgendwann Schluss und dies nicht ständig weiter erforderlich ist.

  9.   Baum2k

    Corona isch over.

  10.   TJD

    Toll gemacht ZEIT!!!!

    die letzten zwei Jahre waren eine große Herausforderung, mit der Zeit Statistik aber war das leichter. Ja natürlich sind Daten und Statistiken nur so gut und präzise, wie gut sie recherchiert werden. Aber genau diese journalistische Arbeit habt Ihr geleistet, in der Datenakquise und aus Leitung der Zeit, die den ganzen Aufwand finanziert. Nochmal danke!

 

Kommentare sind geschlossen.