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Wie unsere falsche Eilmeldung zum NPD-Urteil zustande kam

 

Dieser Text erscheint in unserem neuen Glashaus-Blog. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie hier.

Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht über den Antrag geurteilt, die NPD in Deutschland zu verbieten. Die Richter haben entschieden, dass die rechtsextremistische Partei nicht verboten wird. Wer ZEIT ONLINE auf Twitter und Facebook folgt oder unsere Eilmeldungen auf sein Smartphone bekommt, bekam um kurz nach 10 Uhr eine falsche Information. „Bundesverfassungsgericht verbietet NPD“ stand darin. Das ist ein Fehler, der nicht hätte passieren dürfen und für den wir uns entschuldigen.

Be first, but first be right“ lautet eine der ältesten journalistischen Grundregeln. Sei der erste, der die Informationen verbreitet, aber verbreite die richtige Information. Ein Grundsatz, an den sich alle Kolleginnen und Kollegen von ZEIT ONLINE stets halten. Aber leider unterlaufen auch uns Fehler.

Auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts waren wir, wie alle anderen Redaktionen, seit vielen Wochen vorbereitet. Wir haben immer wieder über das Verfahren berichtet und die Urteilsverkündung in der Liveübertragung verfolgt. Der Vorsitzende Richter, Andreas Voßkuhle, begann die Urteilsverkündung mit der Verlesung der Anträge des Bundesrates. Darin sagte Voßkuhle an einer Stelle unter anderem: „Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands einschließlich ihrer Teilorganisationen … zu schaffen“. Diese Stelle haben wir irrtümlich für das Urteil gehalten und auf dieser Grundlage hat unser Chef vom Dienst eine Eilmeldung verschickt. Wir haben den Fehler sofort danach korrigiert, eine neue, richtige Eilmeldung verschickt und unseren Tweet gelöscht. Dennoch haben wir damit für viel Irritation gesorgt. Es wäre natürlich besser gewesen, lieber einen Moment abzuwarten, um sicherzugehen, dass wir unsere Leser richtig informieren.

So ärgerlich solche Fehler auch sind, versuchen wir doch, aus ihnen zu lernen. Eilmeldungen sind in Zeiten mit vielen großen Nachrichtenlagen bedauerlicherweise auch für uns fast schon zu einem Standard geworden. Wir dürfen, wie unruhig die Zeiten auch sein mögen, dabei nicht in Hektik verfallen. „Be first, but first be right“ wird weiterhin der Anspruch sein, an dem wir unsere Arbeit messen.

Unsere ausführliche Berichterstattung zum NPD-Verbotsverfahren können Sie auf unserer Themenseite lesen.

118 Kommentare

  1.   ehochipi

    Danke für die transparente Richtigstellung und Erklärung.

    Für die Zukunft: Ich denke die wenigsten Leser folgen der Zeit, weil sie am Schnellsten berichtet. Es geht eher um die ausgewogenen und recherchierten Inhalte.
    Für sehr schnelle Informationen (die sich dann aber auch mal als nicht zutreffend herausstellen), bevorzuge zumindest ich andere Quellen.

  2.   Schmierfinkentribunal

    Fehler unterlaufen individuell, weshalb es schon sonderbar anmutet, wenn es eine Falschmeldung praktisch zeitgleich schafft, bei mehreren Medien zu erscheinen.

    Da darf man sich schon Gedanken machen, was da bitte sehr los war, wenn es kein grassierendes Copy&Paste-Virus gewesen sein soll. Dass es in der von ZON (und nahezu identisch von SPON) beschriebenen Weise überhaupt zu solch einer Falschmeldung kommen konnte, ist auch in meinen Augen ein Armutszeugnis.

    Wenn man nämlich die Erklärung von ZON und SPON zugrunde legt, Ihre Mitarbeiter hätten vor dem höchsten deutschen Gericht halt nicht richtig zugehört (wenn das der Voßkuhle wüßte, auweia), beherrscht also heutzutage manch Journalist offenbar nicht einmal mehr elementarste Dinge wie Zuhören und (!) Verstehen?!

    Hm, ok, das überzeugt mich jetzt…

  3.   KaosKatte

    Vielleicht ganz gut, dass es 1984 noch keine Online-Zeitungen gab, als Ronald Reagan über ein vermeintlich ausgeschaltetes Mikrofon den unmittelbar bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion verkündete.

  4.   bromfiets

    Mir fällt seit Ende der 1990er-Jahre auf, dass der Journalismus immer „praktikantiger“ wird. Festangestellte Redakteure mit Fixgehalt werden seitdem auch immer weniger. Dafür gibt es dann umso mehr Flüchtigkeitsfehler wie diesen. Allerdings: Dem armem Twitterer der Kölner Polizei hat man den mutmaßlich in großer Eile gewählten Begriff „Nafris“ jedenfalls nicht so schnell verziehen, obwohl ich fest davon ausgehe, dass er ihn nicht in der tatsächlichen Bedeutung „…Intensivtäter“ verwenden wollte. Aber das ist letztlich Spekulation.

  5.   liesewestermann

    Dass hier gleich eine ganz Reihe von (Leit)medien versagt hat (u. a. Phoenix, ARD Aktuell, Spiegel Online und eben auch Zeit Online) deutet m. E. schon darauf hin, dass irgendetwas aus dem Ruder gelaufen oder in Schieflage geraten ist. (Und damit möchte ich keineswegs das Feld „Lügenpresse“ befeuern.)

    Der in einem der letzten Leserkommentare angeführte Artikel von Meedia misst dem Ereignis m. E. nicht zu viel Bedeutung zu. Es wäre zu wünschen, dass der Vorfall die Branche – über eine unmittelbare Krisenintervention/Schadensbegrenzung hinaus – beschäftigen und grundlegende Überlegungen anstoßen würde.

  6.   r. muck

    Ausgerechnet die beiden Online Zeitungen/Zeitschriften, nämlich ZEIT online und SPIEGEL online, von denen ich bisher annahm, journalistische Sorgfalt haben bei ihnen noch Gewicht, enttäuschen bei der unsinnigen und überflüssigen Jagd der erste zu sein.

  7.   Heiva

    Für mich zählt bei einer Berichterstattung nur die umeingefärbte Wahrheitstreue.Alle Fakten auf den Tisch/in die Zeitung,damit der Leser sich ein unabhängiges Bild selbst machen kann.Das macht eine gute Zeitung aus.Sensationsmeldungen sollte man lieber der Bilder-Presse überlassen.Da haben wir uns an eine bestimmte Form der Berichterstattung gewöhnt.Wenn man nun auch bei der Berichterstattung gegen den ehemaligen BP Wulff korrekt geblieben wäre,auch bei der Zeit,wäre sein Rücktritt vermutlich nicht erfolgt.Was ist übrig geblieben von diesen unangemessenen Vorwürfen? Warum werden bis heute nicht die tatsächlichen Hintergründer dieser damaligen Schmutzkampagne gegen ihn endlich aufgeklärt? Stimmt es,dass Frau Merkel und andere Politiker/innen Einfluss auf die Berichterstattung der Medien nehmen?Was das nicht erfolgte Verbot der NPD betrifft,ich halte das Urteil des BVG für gerechtfertigt. Es ist an den Damen und Herren im Bundestag und der Bundesregierung,den Bürgern eine ehrliche und nicht von Wirtschaftsinteressen beeinflusste Politik zu betreiben. Dazu gehört auch dass die Damen und Herren im Bundestag keine wie auch immer gearteten Spenden mehr annehmen.Das Bild,dass sie abgeben vermittelt doch den Eindruck das Politik käuflich ist.Nur eine überzeugende von Lobbyisten unbeeinflusste Politik kann die Demokratie stärken.Dann braucht man sich über ein Verbot der NPD keine Gedanken mehr machen,denn dann stehen die Menschen auch hinter einer realen Demokratie.Warum wurde Hitler damals gewählt? Weil die anderen damaligen Parteien völlig versagt haben,auch die SPD,oder?Warum wurde Herr Trump gewählt?Weil die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in den USA von der bisherigen Politik bedient waren,Sie wollten sie nicht mehr.Sie wollen nicht mehr immer nur die Benachteiligten sein.Dort,wie auch hier.

  8.   clignet44

    Keine Sorge, das gibt keinen Ärger, jedenfalls nicht von mir. Mir ging es genau so wie der Redaktion: Der Vorsitzende hat einen ganz ungeschickten Einstieg gewählt. Nach der ersten Einlassung glaubte auch ich, seit 10:00 vor dem Fernseher, dass die NPD verboten sei und ich habe dies freudestrahlend meiner Familie verkündet. Einige Minuten später musste ich ebenfalls zurück rudern. Schade.

  9.   Wolfhuber

    Nicht wirklich schlimm. Eile mit Weile.

  10.   Friendofneil

    Auch die Foristen sitzen alle im Glashaus oder gibt es tatsächlich jemanden, der fehlerfrei ist? Mir würden diese ganzen Korinthenkacker echt am Arsch vorbeigehen. Aber in Deutschland fühlt sich ja nun jeder berufen seine Meinung kund zu tun. Also liebe Reaktion, zeigt Rückgrat und lasst es einfach durchlaufen.

 

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