Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Energiewende auf italienisch: Prämie für die Fossilen

 

Das Thema Kapazitätsmärkte ist sperrig und klingt wahnsinnig öde, aber es treibt die Energiebranche gerade um. Alles dreht sich dabei um die Frage: Wie können künftig Kohle- und Gaskraftwerke rentabel betrieben werden, wenn sie in Konkurrenz zu erneuerbaren Energien stehen, die keine Brennstoffkosten verursachen und deren Grenzkosten somit gleich null sind.  Ist eine Solaranlage einmal angeschlossen, kostet ihr Betrieb praktisch keinen Cent. Das wird für die alten, fossilen Kraftwerke mit ihren Kosten für Kohle und Gas zum großen Problem.

In Deutschland wird das Thema kontrovers diskutiert. Ganz spannend ist aber ein Blick über die Alpen hinweg, nach Italien. Ein Land, das einige Energie-Superlative zu bieten hat. Kein Land der Welt importiert mehr Strom (die aktuellsten Daten der IEA sind zwar aus dem Jahr 2010, seitdem hat sich jedoch nicht viel verändert). In keinem anderen Land Europas zahlen die Konsumenten höhere Strompreise. Allein im vergangenen Jahr hat sich Kapazität der Solaranlagen vervierfacht.

Vergangene Woche verabschiedete nun Italiens Parlament zwei Gesetze, welche die Einführung von Kapazitätsprämien vorsehen. Dabei erhalten die Betreiber von fossilen Kraftwerken Zuschüsse, um Kapazitäten vorzuhalten, wenn Solar- und Windanlagen wegen der Wetterlage keine Energie liefern. Außerdem sollen für die fossilen Kraftwerke die Umweltauflagen gelockert werden, berichtet die britische Financial Times. Noch ist unklar, wie hoch die Prämie sein wird. Und wer eigentlich die Prämie zahlen soll. Offenbar sieht das Gesetz vor, dass die Energieversorger wie ENEL das Geld nicht per Umlage von den Verbrauchern erhalten.

In Italien sorgt die Kapazitätsprämie für einen Schlagabtausch zwischen Ökos und den etablierten Versorgern. Die Vereinigung Third Industrial Revolution European Society, hinter der der US-Ökonom Jeremy Rifkin steckt, bezeichnete die Pläne Italiens bereits als „unmoralisch“ und technisch unausgegoren.

Die Branche der Erneuerbaren fürchtet, dass sich die großen Energiekonzerne durchsetzen und die Ökos gezielt ausgebremst werden. Allzu abwegig scheint der Verdacht nicht zu sein. Die Regierung hatte erst vor Kurzem die Förderung der Solarenergie de facto gedeckelt, die Einspeisetarife gekürzt und eine aufwändige Registrierungspflicht eingeführt.