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Windrad ohne Räder

 

Windmühle EWICON © TU Delft
Windmühle EWICON © TU Delft

 

 

 

 

 

 

 

 

Moment, ist das noch ein Windrad? An der niederländischen Universität Delft haben Wissenschaftler die Windmühle EWICON präsentiert. Was dem Windrad jedoch fehlt, ist etwas Entscheidendes: Es hat keine Flügel.

Wie kann das sein? Die Anlage, von der es bisher nur einen Prototypen gibt, nutzt ein Spannungsfeld, um Windenergie in Elektrizität umzuwandeln.

Ein wenig erinnert EWICON an eine große stählerne Fliegenklatsche. An dem Gestänge hängen allerfeinste Wassertröpfchen, die elektrisch aufgeladen sind. Der Wind bläst diese nun fort. Weil die Tropfen elektrisch geladen sind, hinterlassen sie ein Spannungsgefälle – und somit wiederum elektrische Energie. Diese wiederum lässt sich ins Stromnetz einspeisen. Dieses Video der Niederländer erklärt das alles ganz anschaulich:

Die Macher sind natürlich euphorisch. „Unsere Anlage ist statisch, deswegen ist sie einfacher zu bauen und die Unterhaltungkosten sind geringer“, sagt Dhiradj Djairam, einer der Entwickler. Es gibt auch keine Vibration und keinen nervigen Schlagschatten von sich drehenden Flügeln. Die neuen Windräder ließen sich ins Meer stellen, auf Häuserdächer oder zu großen Windparks bündeln.

Allerdings macht das neue System auch einige Probleme. Es braucht nicht nur stetig Wasser, sondern vor allem einen Kickstart. Die Wasserteilchen müssen schließlich erst einmal elektrisch aufgeladen werden, damit sie selbst Strom erzeugen können. Dafür braucht man eine Stromquelle, noch dazu Höchstspannung.

Das ist nicht trivial, sondern kann recht gefährlich werden (auch ein Grund, warum die Anlage auf dem Uni-Campus noch keine Stromversorgung besitzt). Die Höchstspannung wird gebraucht, um mithilfe von Elektrospray die Wasserteilchen zu laden, einem Verfahren zum Zerstäuben von Flüssigkeiten durch elektrische Energie. Unterm Strich komme der Prototyp zwar auf ein Plus: die EWICON erzeugt also mehr Energie, als sie – auch durch den Kickstart – verbraucht. Doch der Wirkungsgrad liegt derzeit nur bei etwa fünf Prozent. Ein klassisches Windrad kommt etwa auf das Achtfache.

Die physikalisch begeisterten Blogleser werden nun sicherlich die EWICON wegen der schlechten Energieausbeute auseinandernehmen. Doch gemach, gemach: Die Anlage steckt noch im Prototyp-Status. Djairam sagt selbst, dass es sicherlich noch Jahre dauern werde, bis etwas kommerziell Verwertbares herauskommt. Langfristig wollen die Entwickler den Kontakt zu Stromversorgern suchen. Mal schauen, ob die sich irgendwann überzeugen lassen. Wenn es sich unter dem Strich rechnet: sicherlich.