Wäre der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auch nur ansatzweise so überzeugend wie sein Berater für die von ihm auf den Weg gebrachte Initaitve „Nachhaltige Energie für alle“ (Sustainable Energy for all), dann wären die Zweifel an der Weltorganisation bestimmt kleiner. Kandeh Yumkella, aktuell noch Chef der UN-Organisation für industrielle Entwicklung (Unido) und Chef von UN Energie, einem Netzwerk, das sich bemüht, die energierelevanten Beiträge des unüberschaubaren Kosmos der Vereinten Nationen zu erfassen und zu sammeln, ist ein grandioser Botschafter der Vereinten Nationen. Der Diplomat ist in Sierra Leone geboren. Der westafrikanische Kleinstaat, in dem im kommenden Monat gewählt wird, gehört nach einem der verheerendsten Bürgerkriege des Kontinents auch zehn Jahre nach dessen Ende zu den ärmsten Ländern überhaupt. Dabei ist Sierra Leone reich an Ressourcen. Neben den berühmt gewordenen „Blut-Diamanten“, die dank des Registrierungsverfahrens mit dem Namen Kimberly-Prozess inzwischen legal gehandelt werden, verfügt das Land über Kupfer und neuerdings Erdöl vor der Küste. Nur Energie gibt es in Sierra Leone, wie in den meisten afrikanischen Ländern, immer zu wenig.
Wenn Yumkella über seine neueste Aufgabe spricht, gerät er sofort ins Erzählen. Denn er hat das Elend ja selbst erlebt. „Krankenhäuser, in denen es kein Licht gibt, wenn nachts einem Kind auf die Welt geholfen werden soll“, beschreibt er. Oder der drei Kilometer lange Weg, den er gehen musste, um sich zu waschen. Die Hausaufgaben, die er nicht machen konnte, weil es kein Licht gab, und Kerzen zu teuer waren. Vor allem aber spricht er über die rund zwei Millionen Menschen, die wegen der verpesteten Innenluft jährlich sterben, weil mit Feuerholz oder Holzkohle in Hütten ohne Kamin gekocht werden muss. Sie sind Yumkellas Motivation, an der Energiearmut etwas zu verändern. „Das ist schlimmer als Malaria“, sagt er. Nun soll Yumkella die UN-Initiative in Vollzeit betreuen. In Wien soll ein eigenes Büro eröffnet werden, für das nach Angaben von Yumkellas Sprecher freiwillige Beiträge aufgebracht werden sollen. Die Ziele der UN-Initiative gegen Energiearmut sind klar: Bis 2030 sollen die aktuell 1,3 Milliarden Menschen, die keinen Strom haben und die 2,7 Milliarden Menschen, die mit traditioneller Biomasse kochen (also mit Brennholz, Viehdung oder Holzkohle) mit nachhaltiger Energie versorgt werden. Dabei spielen die erneuerbaren Energien die Hauptrolle. Gleichzeitig sollen aber auch die entwickelten Länder, die sich der Initiative angeschlossen haben, einschließlich der gesamten Europäischen Union, etwas tun. Sie sollen ihre Energieeffizienz jedes Jahr um 2,5 Prozent verbessern. Deutschland liegt lediglich bei einem knappen Prozent im Jahr – und damit trotzdem noch im oberen Mittelfeld. Zudem soll der Anteil erneuerbarer Energien an der Versorgung der reichen Länder bis 2030 bei 30 Prozent liegen. Zumindest da wird Deutschland wohl weit voraus sein.
Die UN-Initiative Sustainable Energy for all ist der erste globale Masterplan, der nicht nur Entwicklungsländer zu etwas verpflichtet, wie das bei den Milleniums-Entwicklungszielen der Fall gewesen ist, sondern auch Industriestaaten zu Veränderungen antreiben will. Kandeh Yumkella ist der richtige Moderator dafür. Die Chancen, dass er Erfolg hat, stehen gar nicht schlecht. Und das, obwohl nach alter UN-Unsitte nun schon wieder eine neue Organisation aus dem Boden gestampft werden soll, die vor allem die unzähligen bereits existierenden UN-Organisationen koordinieren soll. Aber seit September 2011 haben unzählige Staaten beträchtliche Finanzmittel für die Initiative zugesagt, alleine die EU hat versprochen, 500 Millionen Menschen mit nachhaltiger Energie zu versorgen. Daran ist vor allem Kandeh Yumkella mit seinen mitreißenden Vorträgen schuld. Zudem bietet der UN-Plan einen Rahmen für unzählige kleinere Initiativen, die längst arbeiten. Die Stiftung des früheren amerikanischen Präsidenten Bill Clinton beispielsweise fördert den Kauf von effizienten Kochherden oder solchen, die beispielsweise mit Biogas betrieben werden können. Zudem gibt es inzwischen mehrere ähnliche Projekte in ganz Afrika, die auf diese Weise Kohlendioxid-Emissionen einsparen, und die Zertifikate an Unternehmen in Europa verkaufen, die über den Emissionshandel zu einer Verminderung ihrer CO2-Emissionen verpflichtet sind. Der sogenannte Clean-Development Mechanism (CDM) hat etwa ein halbes Dutzend vergleichbarer Projekte zertifiziert, eines davon im Norden Nigerias. Dort bietet ein ehemaliger Redakteur des Deutschlandfunks, Yahaya Ahmed, mit seiner Initiative Dare Familien energieeffiziente Kochherde an, die nur noch 20 Prozent des zuvor benötigten Feuerholzes verbrauchen. Ein ähnliches Projekt läuft in Indien. Der indisch-amerikanische Klimaforscher V. Ram Ramanathan hat den Austausch von Kochöfen mit traditioneller Biomasse in Indien angeregt, weil der dabei emittierte Ruß sich auf die Gletscher des Himalayah legt und den Schmelzprozess im Hochgebirge beschleunigt.