Die Handballer des HSV waren gesegnet mit einem reichen Förderer, dem Unternehmer Andreas Rudolph. Verkannten sie gerade deshalb ihre Lage?
Was waren das für Bilder, vor einem Jahr auf dem Rathausbalkon! Die HSV-Handballer hüpften mit den Fans um die Wette. 10.000 waren gekommen, um den Triumph in der Champions League zu feiern.
Vergangenheit. Der HSV Handball steht vor dem Nichts. Ein Rechtsanwalt hatte dem Verein in der vergangenen Woche noch einen letzten Rest Hoffnung gegeben. Der Deutsche Handballbund habe Fehler gemacht, ein Einspruch gegen den drohenden Lizenzverlust könne eventuell Erfolg haben. Aber die Chancen stehen schlecht. Die Finanzen sind marode, ein Neuanfang in der dritten Liga ist wahrscheinlich. Wie konnte das passieren?
Ein einziger Mann hatte keine Lust mehr. Das ist die schlichte, für den Verein und für die Stadt deprimierende Antwort. Andreas Rudolph hatte aus dem HSV Handball sein Projekt gemacht. Er war selbst Handballer, wurde reich mit einer Firma für häusliches Gesundheitsmanagement und führte den HSV an die Spitze, als Mäzen und Präsident. Ein Mann, der anpackte, der Weltklassespieler kaufte und sie in seine Luxusfinca auf Mallorca einlud, wenn es etwas zu feiern gab. Rudolph konnte sich vieles erlauben. Er gab das Geld. Bis zum 8. Mai. Da trat er als Präsident zurück und stellte alle Zahlungen ein.
Ein absolutistischer Herrscher kann für einen Sportverein kurzfristig ein Glücksfall sein. Clubs, die international konkurrieren wollen, lassen sich nicht als demokratische Musterrepublik führen.
Aber der abrupte Liebesentzug von Andreas Rudolph zeigt auch: Schnelle Triumphe, die von einem Einzelnen finanziert werden, sind Scheinsiege, gewachsene Vereinsstrukturen können sie nicht ersetzen.
Hamburg ist zu Recht stolz auf sein Mäzenatentum, allerdings ist Vorsicht geboten: Der reiche Förderer ist nicht immer die beste Lösung. Das Schicksal der Handballer sollte den Fußballern in dieser Hinsicht eine Warnung sein. Dort haben sich die Mitglieder freiwillig entmachtet, als sie das HSVPlus-Modell unterstützten. Auch der neue HSV kommt nicht ohne Papa Mäzen aus, der ein paar Millionen rüberschiebt, wenn der Sohn wieder klamm ist. Klaus-Michael Kühne wird Anteile am Verein in der Höhe von 25 Millionen Euro erwerben; sein Vertrauensmann Karl Gernandt ist Aufsichtsratschef.
Kühne ist lebensrettend für den HSV. Sein Geld stabilisiert den Verein. Der launische Mäzen ist aber immer auch ein Risiko. Wenn er, wie gerade in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt, die Bedingungen für seine finanzielle Unterstützung diktiert und Trainer Mirko Slomka das Vertrauen entreißt, stürzt er den Verein in neues Chaos. Und was geschieht eigentlich mit dem Club, wenn Kühne irgendwann den Rudolph macht?