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Hamburg-Mitte sagt Nein zur Seilbahn

 

Es sollte eine Seilbahn von St. Pauli zum Musical-Theater im Hafen werden. Doch die Einwohner des Bezirks Mitte haben sich in einem Bürgerentscheid dagegen ausgesprochen.

Rund 200.000 Wahlberechtigte aus Hamburg-Mitte waren bis vergangenen Sonntag aufgerufen zu entscheiden, ob zukünftig eine Seilbahn vom Heiligengeistfeld auf St. Pauli zum Musical-Theater im Hafen führen soll. Rund 50.000 Mitte-Bewohner kamen dieser Aufforderung nach und gaben beim Bürgerentscheid ihre Stimme ab. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 24,8 Prozent.

Rund 97 Prozent davon erreichten das Bezirksamt per Briefwahl. Seit Montag wurden die Stimmen ausgezählt, jetzt steht das Ergebnis fest: Auf der Mehrheit der abgegebenen Stimmzettel haben die Bürger ihr Kreuz bei Nein gemacht. Insgesamt 63,4 Prozent der Stimmen entfielen auf Nein, 36,6 Prozent auf Ja  (172 Stimmen waren ungültig).

Das bedeutet, dass der Beschluss der Bezirksversammlung, die sich gegen den Bau der Seilbahn ausgesprochen hatte, bestätigt wird. Die Pläne für die Elbquerung per Gondel sind damit vom Tisch. Wäre der Bürgerentscheid erfolgreich gewesen, hätte dieser den Beschluss der Bezirkspolitik ersetzt.

Bei den Politikern in Mitte wird das Ergebnis mit Freude und Erleichterung aufgenommen. „Das ist ein grandioses Ergebnis für die Menschen vor Ort. Die SPD-Fraktion begrüßt die deutliche Ablehnung der Seilbahn, dessen Nutzen für die Stadt von Anfang an gleich Null war“, sagt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Arik Willner. „Die Ablehnung der Seilbahn ist auch ein Zeichen gegen die Art und Weise, wie hier ein rein kommerzielles Vorhaben durchgedrückt werden sollte. Die Hamburgerinnen und Hamburger lassen sich eben nicht verschaukeln. Eine deutliche Mehrheit hat sich für die Menschen vor Ort und gegen reine Konzerninteressen entschieden“, so Willner weiter.

Das sehen auch die Grünen so: „Die BürgerInnen in Mitte haben eine kluge Entscheidung getroffen. Es hat sich auch gezeigt, dass ein Bürgerentscheid nicht mit teuren Kampagnen gewonnen wird, sondern durch überzeugende Vorschläge und Argumente. Das ist eine beruhigende Nachricht“, sagt Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Mitte zum Ergebnis. „Jetzt wird der Bezirk als nächstes den Alten Elbpark in den Blick nehmen. Wir wollen für die Menschen auf St. Pauli ein Naherholungsgebiet schaffen, das das Viertel aufwertet und in dem sich alle gerne aufhalten. Dies ist eine Attraktivitätssteigerung von St. Pauli, die tatsächlich den BewohnerInnen des Stadtteils zu Gute kommt“, so Osterburg weiter.

Ähnliches ist von den Piraten zu hören: „Besonders freue ich mich darüber, dass wir unsere direktdemokratischen Bürgerbeteiligungsinstrumente gegen den Missbrauch als Konzernbegehren verteidigen konnten. Die Bürger haben trotz aller Irreführung und eines enormen Werbebudgets klar erkannt, dass es sich allein um wirtschaftliche Interessen eines privaten Investors handelte“, sagt Andreas Gerhold, Abgeordneter der Piraten in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte. Damit habe sich der Bezirk ein wertvolleres Geschenk gemacht, als die Seilbahn es hätte sein können. „Hoffen wir, dass Großunternehmen und Handelskammer daraus den Schluss ziehen, Bürgerbeteiligungsinstrumente künftig doch besser den Bürgern zu überlassen“, so Gerhold weiter.

Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD), der als Gegner der Seilbahn bekannt ist, zeigt sich erleichtert über das Ergebnis: „Ich bin doppelt, dreifach und vierfach froh, weil das die richtige Entscheidung für Hamburg ist.“ Das zeige, dass die Bürger die Haltung des Bezirks in dieser Frage unterstützten und auch das Votum der Bezirksversammlung repräsentativ für den Bezirk gewesen sei.

Aufgrund der Beteiligung könne man laut Grote davon ausgehen, dass nicht nur Bewohner der betroffenen Stadtteile abgestimmt hätten. „Das spricht dafür, dass auch bei einem hamburgweiten Entscheid das gleiche Ergebnis herausgekommen wäre. Nun können wir wieder zu wichtigeren Themen übergehen“, sagt Grote.

Während sich die Initiatoren des Projektes enttäuscht von einer vertanen Chance sprechen, feiern besonders die Mitglieder der Bürgerinitiative gegen die Seilbahn den Ausgang der Abstimmung. „Wir sind froh, dass es gelungen ist den öffentlichen Raum gegen den Zugriff eines rein kommerziellen Verwertungsinteresses zu verteidigen“, erklärten die Aktivisten. Hamburg sei so ein Fahrgeschäft erspart geblieben, das für die Bürger keinen Nutzen gehabt hätte. Man danke allen, die sich in den letzten Monaten mit Aktionen wie Plakate kleben, Flyer verteilen oder Menschen überzeugen engagiert haben. Für die Bürgerinitiative ist die Entscheidung aber auch ein Zeichen für die direkte Demokratie in der Stadt: „Das Ergebnis zeigt, dass wir als einfache BürgerInnen ohne viel Geld im Hintergrund gegen Konzerne und Lobbyverbände gewinnen können. Das ist ein Sieg für die Demokratie“, so Theresa Jakob, Initiatorin der Initiative.

Aus diesem Grund geht es den Aktivisten auch nicht allein um den Bau der Seilbahn, sondern um generelle Fragen der zukünftigen Stadtentwicklung. „Das Engagement gegen die Seilbahn ist kein emotionaler Reflex, keine irgendwie geartete Angst vor Veränderung,“ sagt Klas Rühling, der bei Keine Seilbahn über unseren Köpfen und im Netzwerk Recht auf Stadt aktiv ist. „Es geht auch hier um die Frage: Wem gehört die Stadt? Wer bestimmt ihre Entwicklung und in welche Richtung soll die gehen?“, so Rühling weiter.