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Hamburger Startups

Musik in deinen Ohren

 

Es ist ein wenig wie die Suche nach dem heiligen Gral: Die Suche nach der wirkungsvollsten Methode um Tinnitus-Beschwerden nachweislich zu lindern. Und wie es aussieht, haben ihn die Hamburger Gründer der Sonormed GmbH, Jörg Land, Matthias Lanz und Adrian Nötzel, gefunden. Adrian Nötzel war es auch, der den Stein ins Rollen brachte. „Weil ich nicht die 100. 000ste Arbeit für die Schublade schreiben wollte, habe ich Freunde auf mögliche Themen angesprochen.“ Einer seiner Freunde ist Psychologiestudent in Wien. Er macht Nötzel auf die Universität Münster aufmerksam, die viel beachtete Forschungsergebnisse auf dem Gebiet Musiktherapie und Tinnitus vorweisen kann. Für den angehenden Ingenieur für Medientechnik ist die Kombination Tontechnik und Therapie perfekt.

Adrian Nötzel, Matthias Lanz und Jörg Land von Tinnitracks. © Michael Osei

Und wie funktioniert´s? Die Anwendung ist denkbar einfach. Direkt über ihre Website filtert und sortiert Tinnitracks sekundenschnell die Lieblingsmusik des Patienten entsprechend der persönlichen Tinnitus-Frequenz. Nicht passende Stücke werden markiert und ausgesondert. Sollte der Betroffene keine bevorzugte Musik haben, dann bietet Tinnitracks eigene an. Jede Frequenz ist individuell und kann von einem Hörakustiker festgestellt werden.

Die Grundlage ihres Therapieansatzes ist, dass sich das Gehirn im Ungleichgewicht befindet und bestimmte Areale überaktiv reagieren. Die von den Hamburgern entwickelte neurowissenschaftliche Therapie reduziert mit Musik diese Hyperaktivität im Hirn. Im Umkehrschluss gewöhnen sich die Nervenzellen in der Hörrinde daran und senken den Ton.

Selbst chronischen Patienten, die ihr Geräusch länger als 12 Monate wahrnehmen, kann das Hamburger Start-up helfen. Das regelmäßige Hören der für lindernd eingestuften Musikstücke erhöht den Therapieerfolg nachhaltig. Eine Stunde pro Tag über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten wird empfohlen. Solange die Frequenz des Tinnitus gleich bleibt, ist die einmal gefilterte Musik beliebig oft einsetzbar. Für eine Jahreslizenz kann jeder Kunde unbegrenzt Musik hochladen und diese auf ihr Therapiepotential hin prüfen lassen.

„Der Gesundheitsmarkt ist eine harte Nuss“, gibt Jörg Land, einer der Geschäftsführer, einen Einblick in ihre Arbeit als Start-up. „Wir sehen aber nach einem mühsamen Start, dass sich unsere intensive Arbeit lohnt.“

Nur drei Monate nach dem Start konnten die umtriebigen Gründer die Kooperation mit dem Kopfhörerspezialisten Sennheiser verkünden. In Zusammenarbeit wurden spezielle Modelle entwickelt, um die eigene Hörkurve der Patienten optimal anzupassen. Viele Hörakustiker arbeiten mit Sennheiser zusammen. Sie freuen sich, nach Aussage von Jörg Land, über frischen Wind in ihren Räumen und die von Sonormed angebotenen Schulungen.

Überzeugt hat das Team mit ihrer Technologie nicht nur als Sieger im StartUps@Reeperbahn Festival im Herbst 2013. Auch die Hamburgische Investitions- und Förderbank unterstützte das junge Unternehmen Sonormed GmbH im vergangenen Jahr mit 140.000 Euro Fördergeld aus dem InnoRampUp Programm.

„Die Unterstützung kam zur richtigen Zeit“, erzählt Jörg Land und bedankt sich: „Die Hamburger helfen uns an allen Ecken und Kanten. Mit Kontakten, finanzieller Förderung und Öffentlichkeit.“

Doch der Weg bis dahin war nicht einfach. Besonders die technischen Anforderungen und regulatorischen Hürden bei der Entwicklung eines Medizinproduktes hatten es in sich. „Wir haben Tinnitracks bis zum marktreifen Konzept mit eigenem Geld entwickelt. Insgesamt haben wir acht Preise beziehungsweise Förderungen bekommen“, blickt Jörg Land zurück. Geflossen ist alles in die technische Entwicklung des Produkts.

Allein in Deutschland liegen laut Sonormed die Schätzungen für betroffene Tinnitus-Patienten bei drei Millionen. Für Europa wird das Zehnfache vermutet. Ausreichend Geschäftspotenzial über die Grenzen Hamburgs hinaus ist also vorhanden. Zeit für das Team, nach der erfolgreichen Verbreitung im deutschsprachigen Raum die internationale Expansion anzukurbeln.