Es gibt gute Gründe, Personalentscheidungen der Regierung zu misstrauen. Aber nicht alles, was seltsam wirkt, ist schon ein Skandal.
Auch in der Politik gibt es, was Juristen einen Anfangsverdacht nennen: Ein Sachverhalt legt die Vermutung nahe, jemand habe sich regelwidrig verhalten. Hier endet die Analogie aber auch schon: Im Recht folgen dem Verdacht Ermittlungen und erst dann womöglich eine Anklage. In der Politik steht die Anklage am Anfang, die Urteilsbegründung entfällt oft ganz, und dass irgendetwas hängen bleibt, entspricht der Strafe.
Der ehemalige Staatsrat für Stadtentwicklung, Holger Lange, soll in Zukunft die Stadtreinigung leiten. Lange ist Mitglied der SPD, die Stelle wurde nicht öffentlich ausgeschrieben – das kann man verdächtig finden.
Im vergangenen Jahrhundert hat die SPD die Hamburger Verwaltung komplett unterworfen. „Was würden Sie tun, wenn Sie einem jüngeren Kollegen einen Rat geben sollten, was er tun oder lassen muss, um möglichst schnell befördert zu werden?“ – noch im Jahr 2003 lautete die zweithäufigste Antwort auf diese anonyme Umfrage unter Hamburger Beamten: Er soll in die SPD eintreten. (Platz eins: Leistung, Einsatz, Fachwissen). Misstrauen ist also angebracht.
Im Fall Langes allerdings zeigt ein Blick in den Lebenslauf, dass der Mann keine Parteimitgliedschaft brauchte, um sich für seine neue Aufgabe zu qualifizieren. Er saß im Aufsichtsrat der Stadtreinigung und weiteren kommunalen Aufsichtsräten. Er arbeitete in der Finanz- und der Umweltbehörde, er gilt als Experte für Klimaschutz und Energie – aus roter wie aus grüner Sicht ist er eine naheliegende Wahl.
„Die Grünen machen den roten Filz hier offensichtlich mit“, kritisiert die Opposition. So einfach ist das nicht.
Die SPD und ihre Personalpolitik bleiben verdächtig. Und es sollte niemandem entgangen sein, dass kürzlich ein sicher gut qualifizierter Sohn eines Ex-Senators Nachfolger des ehemaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Günter Elste bei der Hochbahn werden sollte. Aber ein Verdacht ersetzt keinen Beweis.