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FC St. Pauli

Thy Amo

 

Ein St.-Pauli-Stürmer, der vier Tore schießt? Unser Autor ist nach dem 4:0 gegen Düsseldorf begeistert von Lennart Thy und summt einen Schlager von Howard Carpendale.

Es war alles angerichtet für ein Fußballfest am Millerntor: Ein Abendspiel mit Flutlicht und von außen wurde das Stadion vom Hamburger Dom erleuchtet. Kaum verwunderlich also, dass beide Mannschaften offensiv und spielfreudig begannen. Dass es aber so schnell gehen würde, das war dann doch nicht zu erwarten gewesen: Nachdem sich die Gäste aus Düsseldorf eine erste Chance erspielt hatten, konterte der FC St. Pauli in der zwölften Spielminute in den gegnerischen Strafraum und der Ball landete bei Stürmer Lennart Thy, der sich sofort drehte und ins Tor schoss. Und nur zehn Minuten später stand es bereits 2:0. Philipp Ziereis, der seinen Vertrag beim Kiezclub gerade bis 2019 verlängert hat, köpfte gegen den Pfosten und den Abpraller verwertete wiederum Thy.

Der Torsong des FC St. Pauli war gerade verklungen, da raunte ein lautes „Thyyyyyyy“ durchs Millerntor. Der braun-weiße Angreifer, der sich sonst oft der defensiven Taktik seiner Trainer unterordnet und mannschaftsdienlich, aber wenig gefährlich spielt, wurde am Montag gegen Fortuna Düsseldorf zum Matchwinner. Das offensive Mittelfeld um Sebastian Maier und Kyoung-Rok Choi setzte ihn perfekt in Szene. Die Mannschaft des FC St. Pauli spielte so pfeilschnell und präzise nach vorne, dass Fortunas Torhüter Michael Rensing immer wieder unter Druck geriet.

Die Tore schoss an diesem Abend aber nur einer: Lennart Thy. Von einigen schon als Fehlbesetzung markiert, traf der Stürmer auch in der zweiten Halbzeit noch zweimal. Thy hatte in den vergangenen Jahren oft seine ganze Kraft bei der Defensivarbeit verbraucht und sich anschließend im Angriff in den gegnerischen Abwehrreihen verheddert. Es muss frustrierend gewesen sein für ihn. Trotzdem: Auch schon vor Ewald Lienen setzten die St.-Pauli-Trainer auf ihn. Warum, das hat er gestern gezeigt.

Per SMS schickte mir meine treue Begleiterin Anna schon während des Spiels Wortspiele, die sie auf der Gegengeraden aufschnappte, beispielsweise „Thy N Thy, it’s Dynamite.“ Auch Trainer Ewald Lienen lachte unten am Spielfeldrand. Nach dem entscheidenden 4:0 durch Thy hielt er mit ungläubigem Blick vier Finger in die Luft. Ein St.-Pauli-Stürmer, der vier Tore in einem Spiel schießt? Ja, tatsächlich. Unfassbar.

Auch wenn wir bei St. Pauli wenig mit Heldenverehrung anfangen können, summten wir noch lange nach dem Abpfiff im Stadion den Schlager „Thy Amo“ von Howard Carpendale. Zumindest  für diesen Abend hatte sich Lennart Thy seine „Fifthyn Minutes of Fame“ verdient.

In seiner Entwicklung erinnert mich der junge St. Paulianer an einen, der auch zwei Jahre brauchte, um sein Engagement bei St. Pauli in Zählbares zu verwandeln: Max Kruse. Festigt Thy seine Form und schießt weiter Tore, dann kann ich mir gut vorstellen, dass er einen ähnlichen Weg wie der Nationalstürmer gehen wird. Anna jedenfalls raunte mir später ins Ohr, sie höre schon die Scouts der europäischen Ligen den alten Hit von Lionel Richie singen: „Hello, is it Thy you’re looking for?“