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FC St. Pauli

Was erlauben St. Pauli?

 

Geht es nach dem FC St. Pauli, sollen Werks- und Retortenclubs weniger Fernsehgeld bekommen. Unser Autor meint: ein gut begründetes Anliegen, das aber nicht durchkommt.

Im Juni des vergangenen Jahres wurde Uwe Doll, der damalige Aufsichtsratsvorsitzende des FC St. Pauli, zum bevorstehenden Präsidentenwechsel befragt. Er sollte erklären, warum er Stefan Orth durch den Musikunternehmer Oke Göttlich ersetzen wolle. Seine Antwort hat einige überrascht: Auf den Mitglieder-zentrierten Verein kämen in den nächsten Jahren Herausforderungen zu, die ihren Ursprung in der galoppierenden Kommerzialisierung des internationalen Profifußballs hätten. Man erwarte, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) Initiativen und Entwicklungen vorantreibe, auf die ein kleiner Verein, wie der Stadtteilverein vom Kiez, reagieren müsse, um wirtschaftlich zu bleiben und seinen Werten treu zu bleiben. Im besten Falle proaktiv. Das traue man Oke Göttlich am ehesten zu.

Diese Woche konnte man den ersten Aufschlag des proaktiven Zweitligisten FC St. Pauli vernehmen. Er war sogar in Leverkusen und Hannover zu hören, selbst Rudi Völler und Martin Kind, letzterer beherrscht seit beinahe 20 Jahren ungestört den niedersächsischen Erstligisten, hörten den Einschlag. Der FC St. Pauli schlug vor, alle Vereine, die eine Ausnahme der 50+1-Regel leben, in denen also Sponsoren und Unternehmen mehrheitlich das Sagen haben, von den Einnahmen der Zentralvermarktung, zu der auch die TV-Vermarktung gehört, auszuschließen.

Vorgetragen hat diesen Vorschlag nicht Präsident Göttlich, sondern Geschäftsführer Andreas Rettig. Er stößt damit direkt in die gemütliche DFL-Hierarchie, in der bisher die großen Clubs agierten und die kleinen, vor allem die Zweitligisten, abnickten. Der Vorstoß scheint formal gut begründet. So gut, dass Rudi Völler den ehemaligen DFL-Manager Rettig als „Schweinchen Schlau“ bezeichnete. Ein Titel, der die Mitarbeiter der FC St. Pauli-Geschäftsstelle zu einem liebevollen Plakat inspirierte:

Ich glaube nicht, dass St. Pauli mit diesem Vorschlag auf der DFL-Versammlung am 2. Dezember durchkommt. Zu klar sind die Machtverhältnisse. In diesen Tagen stimmen sich die betroffenen Erstligisten – Wolfsburg, Hoffenheim, Leverkusen und Hannover (könnte ab 2017 mehrheitlich in Unternehmerhand sein) – darüber ab. Parallel dazu beraten die Zweitligisten, welche Positionen sie einnehmen.

St. Pauli hat mit seinem Vorstoß aber immerhin erreicht, dass über das „solidarische“ Prinzip der DFL gestritten wird. Rechtzeitig vor den Neuverhandlungen der TV-Gelder macht das St. Pauli-Präsidium auf eine Entwicklung aufmerksam, die immer dynamischer wird: Durch steigende TV-Einnahmen verteuern sich alle Spielertransfers in europäischen Ligen. Durch ihre hohen Sponsoren-Investitionen können sich die angesprochenen Vereine mit den besten Spielern versorgen und so sportlich besser abschneiden – ja, im modernen Fußball schießt Geld Tore. Und durch den Verteilschlüssel der DFL, der den besserplatzierten Klubs einen höheren Betrag ausschüttet, streichen sie dann auch noch besonders hohe TV-Gelder ein. Für finanziell weniger potente Vereine wird es langfristig nahezu unmöglich mitzuhalten. Solidarisch ist dieses System nicht mehr.

Hinzu kommt, dass die Werks- oder Retortenklubs mehr Geld bekommen, obwohl ihre Begegnungen relativ gesehen viel weniger Fans sehen wollen als die von Mitglieder-zentrierten Vereinen wie dem FC St. Pauli. Das zeigt sich in Stadien, vor allem bei Auswärtsspielen, und auch im TV.


Es wäre schön, wenn sich den Wölfen zukünftig noch mehr Schweinchen entgegenstellen würden.