Sportchef Peter Knäbel entlassen, Publikumsliebling Jaroslav Drobny verstimmt: Beim HSV geht es drunter und drüber. Dabei steht die wahre Bewährungsprobe erst bevor.
Der letzte Spieltag beginnt am Samstag um 15.30 Uhr. Beim Schlusspfiff wird der HSV weiter dabei sein in der Fußball-Bundesliga – seit 52 Jahren und dann 263 Tagen.
Große Leistung? Immerhin eine bessere Leistung als in den vergangenen beiden Jahren. Dass sie dennoch nicht reicht, um ein Gefühl in der Stadt hervorzurufen, das nur annähernd an Glückseligkeit erinnert, ist aber auch jedem klar.
Die Lage ist angespannt. Sportchef Peter Knäbel wurde am Montag entlassen. Damit ist auch Dietmar Beiersdorfer beschädigt, der Knäbel geholt hat und sich jetzt selbst zu dessen Nachfolger kürte. Die Fans sind sowieso längst auf Entwöhnungskur. Sie applaudierten am vergangenen Samstag nur Spielern, die den Verein verlassen werden. Dass Jaroslav Drobny, einer von diesen Spielern, nun keine Lust mehr hat, im letzen Saisonspiel in Augsburg im Tor zu stehen, dürfte den Graben zwischen Fans und Vereinsoberen weiter vertiefen. Der bei den Anhängern beliebte Tscheche wirft der HSV-Führung nach seiner Ausbotung Charakterlosigkeit vor.
Schlechte Stimmung überall. Dabei muss man sagen: Schaut man allein auf die Fakten, geht es dem HSV gar nicht so übel.
Zunächst ein Blick auf die Tabelle: Der HSV ist Zwölfter und kann sogar noch Zehnter werden. Für einen Verein, der zweimal hintereinander auf den Relegationsplätzen landete, keine schlechte Platzierung.
Stichwort Relegationsplätze: Der größte Vorteil, den der Verein in diesem Jahr hat, ist Zeit. In den letzten Wochen einer Saison werden die Kader der kommenden Spielzeit zusammengestellt. Die besten Spieler suchen sich die passenden Vereine. In den vergangenen beiden Jahren schaute der HSV tatenlos zu, er wusste nie, für welche Liga er planen sollte. Das ist diesmal anders. Die Führung des Clubs muss jetzt zeigen, dass sie in der Lage ist, wirklich gute Spieler zu verpflichten. Die gute Nachricht: Sie hat dafür zum ersten Mal genauso viel Zeit wie die Konkurrenten. Und viel wichtiger: So wie es aussieht, hat sie dafür auch jede Menge Geld zur Verfügung. Mäzen Klaus-Michael Kühne soll bereit sein, bis zu 50 Millionen Euro in die neue Mannschaft zu investieren.
Die große Frage ist nur, welche Bedingungen Kühne an das Geld knüpft. Beabsichtigt er, die Führung des Vereins personell weiter zu verändern? Welchen Einfluss auf sportliche Entscheidungen fordert er für sich selbst ein?
Wer erwartet hatte, dass eine Mannschaft, die so marode war wie der HSV, innerhalb eines Jahres wieder aufregenden Fußball spielt, muss enttäuscht sein. Für alle anderen gilt: die kleinen Schritte in die richtige Richtung sehen – und sich sagen, dass erst jetzt die wahre Bewährungsprobe für Dietmar Beiersdorfer und sein Team beginnt.