Unser St.-Pauli-Kolumnist wünscht dem HSV für die neue Saison, dass er sich seine Naivität bewahrt. Darüber kann man sich am Millerntor so schön amüsieren.
Ich kann dem HSV nur wünschen, dass er bleibt, wie er ist. Zugegeben: Das ist kein Wunsch zu seinem Vorteil. Aber immerhin profitiere ich persönlich im Alltag davon, wenn der HSV seinen Status quo zementiert. Denn ein HSV im jetzigen Zustand, respektive im Zustand der vergangenen Jahre, ist ein großes Vergnügen. Er erleichtert einem auch den Dialog, wenn man zur Mittagszeit in der ZEIT-Kantine auf seine Fans trifft. Die würden jedes Mal nur zu gerne süffisant gegen meinen FC sticheln – aber seit nur noch die Ältesten im Verein sich an erfolgreiche HSV-Zeiten erinnern und da der HSV seit 2002 nie mehr gegen den FC St. Pauli gewinnen konnte, sind die fußballaffinen Stadtrivalen im Zeitverlag sympathisch zahm geworden.
Ich freue mich auf die kommende Saison, weil der Verein aus dem Volkspark auch diesmal nichts ändern wird. Bereits nach dem ersten Pflichtspiel konnte man dies beobachten. Da beging der gemeine HSV-Fan denselben Fehler wie immer: Er spach schon wieder von nahender, bald wieder erlangter Größe; er sprach von Europa.
Anlass dazu gab ihm der 30-minütige Auftritt eines zwanzigjährigen Newcomers in der ersten Runde des DFB-Pokals. Der kroatische Fünf-Kühne-Millionen-Einkauf Alen Halilović kam aufs Feld, nachdem es seiner Mannschaft gegen den FSV Zwickau, der vergangene Saison noch in der vierten Liga spielte, 60 Minuten lang nicht gelungen war, ein Tor zu erzielen. Halilović kam also, sah und traf. Da der junge Mann beim Verhindern des Pokaldebakels auch noch einen Sekundenbruchteil lang agierte wie ungefähr Messi und bis vor den Sommerferien dem genialen Argentinier auch leibhaftig im Training zusehen durfte, spricht nun die halbe HSV-Fanschar vom neuen Messi, der ausgerechnet im Besitz des HSV sei – zumindest ein Jahr lang. Dann kann Barcelona ihn zurückkaufen.
„Halleluja Halilović!“, titelte die HSV-Gazette Bild nach dem erstaunlichen Debüt. Und auch der Fußballweise Lodda Matthäus meldete sich diese Woche gewohnt differenziert zu Wort und sah den HSV schon wieder wo? In Europa.
Was also gibt es für den St.-Pauli-Fan Schöneres, als den Start des HSV in eine neue Saison zu beobachten? Jährlich grüßt das Stellinger Murmeltier und brüllt Europa. Es reicht schon, wenn die Mannschaft mit Ach und Krach einen Drittligisten aus dem Pokal gekegelt hat.
Wobei ich nun ernst werden muss. Ich verrate, dass ich dem HSV in der kommenden Saison einmal nicht den Abstieg wünsche. Der Grund: Unser souveräner Pokal-Triumph gegen den VfB Lübeck aus der Regionalliga Nord bestätigt mir, dass ich zu Recht mit dem Direktaufstieg des FC St. Pauli in die 1. Liga rechnen darf. Kein Relegationsspiel für den Kiez, so lautet meine Prognose. Und da wär es doch schade, in der kommenden Saison kein Derby bestreiten zu können.
Liebe HSV-Fans, seid daher beruhigt. Der 14. Tabellenrang sei euch gewiss, wenn es richtig rund läuft der 12. Und dann: Lasst uns von Europa träumen!
Lesen Sie hier, was unser HSV-Kolumnist Aimen Abdulaziz-Said dem FC St. Pauli für die neue Saison wünscht.