Die Nullnummer gegen den SV Sandhausen offenbart: Der FC St. Pauli hat ein Problem, das er vor Kurzem noch für gelöst hielt. Wer findet die Ausrede?
Wir sind wieder mittendrin in diesem vermaledeiten Abstiegskampf. Vor einer Woche noch dachten wir, das lästige Problem seien wir los. Nie wieder 3. Liga, nie wieder Faschismus, nie wieder Abstiegskampf! Denn davor war ja nur die Niederlage gegen Union. So was kann immer mal passieren, schließlich hat Poldi ja einst gesagt: „So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.“
Auch das Unentschieden gegen Hannover 96 war kein Beinbruch. Dachten wir.
Aber nun das: Die Nullnummer gegen die Niedersachsen entpuppt sich langsam, aber sicher als der Start in eine neue grauenhafte Serie, respektive als die Rückkehr einer solchen. Denn mittlerweile haben wir seit drei Spielen nicht ins Tor getroffen. So wie zuletzt im November und Dezember. Für die Pleite in Aue am vergangenen Wochenende konnte man mit ausschweifenden Gedanken immerhin ein paar Argumente zusammenkratzen, die halbwegs das Zeug zu einer Ausrede hatten: Aziz Bouhaddouz fehlte, Cenk Şahin fehlte. Außerdem ist Aue unser traditioneller Angstgegner; keine andere Mannschaft lässt uns immer wieder so humorlos alt aussehen.
Und nun gestern die Nullnummer zu Hause gegen Sandhausen. Spätestens in der zweiten Halbzeit fragten sich alle im Stadion: Wie viele gefühlte Jahre sind eigentlich seit dem letzten Tor vergangen? Mit gerade mal 24 Treffern in 27 Spielen haben wir einen Vereinsrekord aufgestellt. Nie trafen wir in Liga 2 so selten.
Sucht man nach einer Ursache, wird man nicht neben dem Platz fündig. Die Zuschauer unterstützten gegen Sandhausen, so gut es eben ging. Noch eine Viertelstunde nach Abpfiff erscholl es laut hinaus in die Dämmerung über der Stadt: „You’ll Never Walk Alone.„
Vielleicht sollten wir weniger „walken“. Zumindest die Akteure auf dem Platz. Das Problem liegt nämlich dort, und zwar mittendrin: im Mittelfeld. Dieses lässt, nachdem wir nach der Winterpause in einer Ungeschlagen-Serie von Spiel zu Spiel Hoffnung schöpfen konnten, plötzlich wieder die Kreativität vermissen. Im Februar blitzte sie noch auf. Gegen Dynamo, gegen Karlsruhe. Noch im März gegen München.
Jetzt ist April. Aus den wenigen Chancen, die das Mittelfeld noch generiert, kreiert der Sturm nun wieder gar keine Tore mehr. Der arme Lennart Thy: ein Schatten seiner Vor-Bremer-Tage. Und nun streichelt auch Bouhaddouz nur noch die Oberkante der Latte, statt sich via Innenseite des Gebälks in die Torschützenliste einzutragen.
Finden wir trotzdem eine Ausrede? Ja! Ein Freund machte uns gerade drauf aufmerksam. Es gab kurz nach Beginn eine äußerst gemeine Szene. Da pfiff der Schiedsrichter eindeutig gegen uns. Es war die 11. Minute. Sandhausens Damian Roßbach flog nach Notbremse vom Platz. Der Verlust eines Gegenspielers zwang in der Folge den FC St. Pauli, rund 80 Minuten lang in Überzahl zu spielen. Wer seit Jahrzehnten am Millerntor aufläuft und zuschaut, der weiß: Ein Platzverweis in den Reihen des Gegners hat uns noch nie gut getan.
Ist das eine gute Ausrede? Wir denken weiter nach. Immerhin haben wir schon eine Idee für Nürnberg. Sollten wir auch dort nicht treffen, liegt es an der Abwesenheit von IHM: Deniz Barış, Fußballgott.