Rudolf D. Klöckner ist Bewahrer und Anstifter zugleich: Seit 2007 schreibt er in seinem Blog urbanshit.de über „urbane Subkultur-Aktivitäten und -Strömungen“. Er dokumentiert die Spuren, die Graffiti- und Street Art-Künstler in der Stadt hinterlassen. Sichtbar für alle, aber für die wenigsten im Kontext verständlich – unabhängig, ob man nun dafür oder dagegen ist, dass es Menschen gibt, die den städtischen Raum ungefragt mitgestalten.
Klöckner erstellt so ein offenes Archiv dieser urbanen Ein- und Übergriffe und vermittelt Hintergründe zu den Aktionen und Werken. Er animiert aber auch dazu, sich einzumischen: „Ich denke, dass viel zu wenig über den öffentliche Raum und die Möglichkeiten der künstlerischen Gestaltung und Aneignung diskutiert wird.“ Mit urbanshit.de arbeitet er deshalb an der Schnittstelle zwischen Stadtplanung, Architektur und Kunst.
Als Klöckner sein Blog ins Leben rief, war es eines der ersten im deutschsprachigen Raum, das Street Art auch unter fachlichen und kunstgeschichtlichen Gesichtspunkten dokumentiert. Klöckner bringt dafür den passenden Hintergrund mit, er hat Stadtplanung und Urbanistik studiert.
Im Blog berichtet er zudem über Veranstaltungen und Ausstellungen aus dem Bereich der Urban Art – was als Oberbegriff die Street Art, Graffiti und die urban geprägte Ausstellungs-Kunst umfasst. Während Graffiti und Street Art für ihn unbedingt draussen im städtischen Raum stattfinden müssen, wird die salonfähige Variante der Urban Art inzwischen auch ganz klassisch ausgestellt. Solange man sich der Unterschiede bewusst sei, begrüßt Rudolf D. Klöckner den Sprung in die Galerien und den Kunstmarkt: „Ich finde es toll, dass Urban Art zu einer wichtigen Kunstrichtung avanciert ist. Heute können auch Konservative etwas mit dem Begriff Urban Art anfangen, das ist eine gute Entwicklung, die in die richtige Richtung geht.“
Raum für Diskussion sieht er dennoch, denn die Kunstform laufe durch diese Entwicklung auch Gefahr, zum rein dekorativen Element zu verkommen: „Heute bekomme ich an jeder Ecke einen Street Art Stencil Druck. Dabei wissen die wenigsten, dass sie gerade alles andere als Street Art kaufen.“
Spannend findet Klöckner deshalb aktuelle Weiterentwicklungen: „Die Street Art fängt an, sich aktiv in das gesellschaftliche und räumlichen Geschehen einzumischen.“ Als gelungenes Beispiel aus Hamburg nennt er WAV – We Are Visual. Das Künstlerduo macht seit einiger Zeit durch intelligente Interventionen auf sich aufmerksam, die man nicht unmittelbar mit Street Art in Verbindung bringen würde. „Diese Generation von Künstlern hat oftmals Graffiti als Background, hat sich aber weiter entwickelt“, so Klöckner. Auf urbanshit.de zeigt Klöckner mehrere Arbeiten von WAV, unter anderem den Bau von zwei Betten für Obdachlose über einem Entlüftungsgitter.