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AfD Hamburg

Sachlich bleiben

 

Die AfD hat Strafanzeige gegen die Intendantin Amelie Deuflhard gestellt, weil auf Kampnagel Flüchtlinge wohnen. Eine Provokation, die nüchtern beantwortet werden muss.

Albern, menschenverachtend, rechtspopulistisch. Adjektive, um Karina Webers Homepage-Eintrag abzukanzeln, sind schnell gefunden. In Kommentarspalten. Auf AfD-Watch. Auch in der taz. Reaktionen auf Webers Ankündigung, ihre Partei, die AfD, stelle Strafanzeige gegen die Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard. Natürlich, ein als Provokation angelegtes Vorgehen. Nur: Es reicht nicht, dem nur mit Schlagworten zu begegnen.

Der Vorwurf der AfD: Deuflhard leiste Beihilfe zu Ausländerstraftaten, indem sie Lampedusa-Flüchtlinge auf dem Gelände des Kulturhauses in Winterhude wohnen ließe. Seit wenigen Tagen sind hier sechs der Afrikaner in einem 100 Quadratmeter großen Aktionsraum untergekommen. Ein Nachbau des autonomen Zentrums Rote Flora, entstanden zum Sommerfestival, erdacht vom Hamburger Künstlerkollektiv Baltic Raw. Nun sollen sich in der Ecofavela die Flüchtlinge kreativ ausleben.

In einer Zeit, in der pro Monat derzeit nach Schätzungen etwa 600 neue Menschen nach Hamburg fliehen, steckt in der Kampnagel-Aktion ein starkes Symbol. Das hat auch die AfD schnell erkannt. Rote Flora und Flüchtlingspolitik in einem — eine Steilvorlage für die rechtsgerichtete Partei.

Es sei nicht hinzunehmen, dass illegal in Hamburg lebende Menschen auf Kampnagel unterkämen, schreibt Karina Weber, AfD-Sprecherin in Altona und Bürgerschaftskandidatin. Deuflhard, auch bezahlt durch Steuergeld, mache sich untragbar. Und überhaupt: Der Holzbau sei weder als Wohnraum zugelassen noch verfüge er über einen Brandschutz.

Die AfD zweifelt also an, dass es einem teils staatsfinanzierten Kulturhaus zusteht, die Gesetze zu unterwandern. Sie plädiert dafür, auch bei einem emotionalen Thema wie der Flüchtlingspolitik stets nüchtern zu bleiben — und dabei setzt sie doch genau auf das Gegenteil. Je mehr ihre Gegner jetzt wutentbrannt reagieren, sie mit knappen Adjektiven verurteilen, desto länger wird die Liste derer, die Frau Weber zu ihren Worten gratulieren.

Doch diesen Gefallen sollte man der AfD nicht tun. Dafür ist das Thema in Hamburg viel zu wichtig. Kampnagel und Baltic Raw sollten die Strafanzeige nutzen, um nun noch ausführlicher über ihr gemeinsames Projekt zu sprechen. Über drängende Fragen wie: Was passiert mit der Lampedusa-Gruppe? Wohin mit den vielen Flüchtlingen? Wer kann wie helfen?