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FC St. Pauli

Ausgerutscht in Heidenheim

 

Unnötig verloren, letzter Tabellenplatz, Trainer Ewald Lienen verletzt: Es spricht gerade nicht viel für den FC St. Pauli. Grund zur Hoffnung gibt es trotzdem.

Die Szene hatte Symbolcharakter: Mitte der zweiten Halbzeit rutsche Ewald Lienen in seiner Coaching Zone aus und landete unsanft auf seinem rechten Handgelenk. Das tat weh und musste behandelt werden. Eine Minute nach dieser Verletzung fiel das Führungstor für den FC Heidenheim. Und das, obwohl St. Pauli bis dahin weitestgehend überlegen war. Nur ein Treffer gelang der Mannschaft nicht.

In der Voith-Arena lief die 63. Spielminute, als Marc Schnatterer eine Flanke aus dem rechten Halbfeld weit an den linken Pfosten der Hamburger schlug. St.-Pauli-Verteidiger Jan-Philipp Kalla, bis dahin nicht fehlerfrei, aber mit einer tadellosen kämpferischen Einstellung, unterschätzte den Ball und konnte nicht verhindern, dass Robert Leipertz ihn freistehend einschob.

1. FC Heidenheim - FC St. Pauli
FC St. Pauli-Trainer Ewald Lienen stürzt in Heidenheim. Gute Besserung! Foto: Stefan Puchner/dpa

Danach übermannte die Spieler aus Hamburg am Sonntagnachmittag wohl der Schmerz vergangener Spiele. Erinnerungen an die vielen Begegnungen dieser Saison wurden wach, in denen man vorher auch schon besser gespielt hatte und doch einem Rückstand hinterher gelaufen war.

Ausrutscher wie der von Kalla haben eben im Abstiegskampf die Folge, dass ein ohnehin schwer zu bespielender Gegner wie Heidenheim nicht mehr zu bezwingen ist, selbst wenn die Boys in Brown danach fast wütend dagegen hielten. So wütend, dass Armando Cooper mit der druckvollen, aber zweiten eklatanten Fehleinschätzung gegen Leipertz den vorentscheidenden Elfmeter für Heidenheim verursachte. Schnatterer, beim ersten Tor noch Vorbereiter, vollstreckte eiskalt. 2:0 in der 81. Minute. Wieder einmal eine Niederlage gegen einen Gegner auf Augenhöhe.

So lädiert hat es der FC St. Pauli in dieser Saison noch nie geschafft, ein Spiel zu drehen. So wie gegen die vielen Mannschaften zuvor, die gelernt haben, Spiele zu zerstören, wenn es darauf ankommt, rannte St. Pauli auch in Heidenheim gegen eine Mauer und fand vor allem über die Flügel keine Mittel, entscheidend anzugreifen. Auch nach Standards, in der Ära Lienen eine der wichtigsten Waffen der St. Paulianer, gelang diesmal kein Treffer.

Ein wenig Hoffnung kam allenfalls in der 74. Minute auf: Marcel Halstenberg setzte zu einem wuchtigen Kopfball an. Aber: Selbst wenn er den gegnerischen Torwart überwunden hätte, wäre er an den drei auf der Linie stehenden Heidenheimern gescheitert. Spätestens jetzt trauerten meine treue Begleiterin Anna und ich in der Altonaer Fußballkneipe Tutto Sports den Chancen der ersten Halbzeit hinterher, wo Verhoek und Kalla den Heidenheimer Keeper warmschossen, statt zu treffen.

„Gegen Spielzerstörer wie Heidenheim kann es diese Truppe einfach nicht“, meinte Anna noch resignierend. Und sie fügte noch den zynischen Kommentar an, dass der Kader vom früheren Präsidium um Stefan Orth eben für die Top 20 im deutschen Fußball zusammengestellt worden sei, nicht für den Abstiegskampf in der 2. Bundesliga. Damit könnte sie nicht ganz unrecht haben. Es ist schon auffällig, dass der FC St. Pauli gerade gegen Mannschaften mit einer nominal schwächeren Truppe ins fußballerische Verderben rennt. Dummerweise sind das die meisten in der 2. Bundesliga – und inzwischen alles Teams, die vor uns in der Tabelle stehen.

Da St. Paulianer aber Optimisten sind, haben Anna und ich auch aus dem Spiel in Heidenheim wieder etwas mitgenommen, was unsere Hoffnung nährt, doch noch im Profifußball verbleiben zu können:

  1. Chris Nöthe trifft wieder! In der 93. Spielminute erzielte der zuletzt so glücklose Stürmer in Heidenheim den Anschlusstreffer, zwar zu spät, aber immerhin. Sein Lattentreffer kurz zuvor wäre beinahe zum Spielwender geworden.
  2. Es geht mit RB Leipzig, Kaiserslautern und Darmstadt noch gegen drei Mannschaften, die spielen und nicht mauern wollen. Und da kann der FC St. Pauli an guten Tagen gegenhalten.

Annas Spieler des Tages war dann auch Christopher Nöthe, dem wir das sehr gönnen würden, wenn er wider Erwarten zum Schlussspurt-Goalgetter würde.

P.S. Trainer Ewald Lienen hat sich bei seinem Sturz die Speiche im rechten Arm gebrochen und muss operiert werden. Von dieser Stelle gute Besserung.