Schilleroper, Spiegelinsel und City-Hochhäuser: Der Bezirk Mitte will an drei umstrittenen Orten neue Wohnungen bauen. Isabella David von Mittendrin hat sich die Pläne angeschaut.
Fast 500 neue Wohneinheiten sollen im Bezirk Mitte entstehen — zumindest, wenn es nach dem Fachamt für Stadt- und Landschaftsplanung geht. Das hat gerade verkündet, elf zusätzliche Flächen ins Bezirkliche Wohnungsbauprogramm aufnehmen zu wollen. Ob es soweit kommt, das entscheidet sich allerdings erst am Donnerstag im Stadtplanungsausschuss des Bezirks. Neben möglichen Flächen in Wilhelmsburg, Hamm und Finkenwerder müssen die Abgeordneten dabei auch über drei umstrittene Flächen abstimmen, auf denen bisher denkmalgeschützte Gebäude stehen.
City-Hof: Abriss oder Erhalt?
Das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung schlägt vor, das Areal am Klosterwall als potentielle Fläche in das Bezirkliche Wohnungsbauprogramm aufzunehmen. Doch: Diese Fläche ist bisher gar nicht frei. Heute stehen hier die vier City-Hof-Hochhäuser. Bisher ist sogar das Bezirksamt Hamburg-Mitte selbst in dem denkmalgeschützten Gebäudekomplex angesiedelt. Auch wenn es 2017 in das Axel-Springer-Gebäude an der Caffamacherreihe zieht: Ein Abriss der vom Architekten Rudolf Klophaus entworfenen Gebäude ist umstritten. Das Denkmalschutzamt weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass es sie durchaus für erhaltenswert halten könnte. Dann müssten in dem heutigen Gebäude Wohnungen entstehen.
In den Plänen des Fachamtes ist allerdings von 130 Wohneinheiten die Rede, die bei einem Abriss der Hochhäuser entstehen. Dabei soll gleichzeitig eine “neue städtebauliche Struktur mit starkem Bezug zum Kontorhausviertel, als dessen Erweiterung bis zum Wallring” geschaffen werden, heißt es. Darüber hinaus solle der Deichtorplatz als “südöstliches Entrée und hochbaulicher Auftakt zum Kontorhausviertel” dienen. Vorstellbar wäre ein Bau mit acht Stockwerken, die unterschiedlich genutzt werden könnten: Wohnungen, Büros, Gastronomie, Kultureinrichtungen und Einzelhandel. Nachdem die Ausschreibung des Areals 2012 durch den Landesbetrieb Immobilienmagagment und Grundvermögen (LIG) eingestellt wurde, will das Fachamt nun wieder nach neuen Konzepten suchen. In einem Architektenwettbewerb sollen mindestens 15 Teilnehmer um das Areal buhlen.
Schilleroper: Ateliers und Studenten statt Verfall
Die Stadt hat sich lange mit den ehemaligen Eigentümern gestritten, da sie sich weigerten, den alten Zirkusbau auf St. Pauli Instand zu setzen. Nach einem Rechtsstreit über den Denkmalschutz und den geltenden Bebauungsplan stand das Gebäude dann jahrelang leer. Immer wieder tauchten potentielle Käufer für das Grundstück auf, es kam aber nie zu einem Vertragsabschluss. Aktivisten besetzten die Schilleroper mehrmals, um auf diesen Missstand hinzuweisen.
Seit diesem Frühjahr nun gehört die Schilleroper dem Investor Reinhold Dierkes, er plant auf dem Gelände studentisches Wohnen und Künstlerateliers. Deshalb soll das Schilleroper-Grundstück nun auch ins Wohnungsbauprogramm aufgenommen werden. Etwa 50 Wohneinheiten, vornehmlich für Studenten, könnten hier entstehen. Dafür sollen die Randgebäude abgerissen und die Rotunde zumindest zum Teil erhalten, beziehungsweise rekonstruiert werden.
Laut dem Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung gibt es bereits Vorgespräche, wie genau der historische Gebäudekomplex saniert und umgebaut werden könnte. Die Fläche liegt im Sanierungsgebiet St. Pauli Nord, laut bisherigem Planungsrecht ist es hier möglich, sie gewerblich und anteilig wohnlich zu nutzen. Es heißt, im nächsten Jahr könne mit dem Umbau begonnen werden.
Die Spiegelinsel: Hotels trotz Straßenlärm
Unter Denkmalschutz stehen nicht nur die City-Häuser am Klosterwall, sondern auch die ehemaligen Gebäude von Spiegel und IBM. Sie stehen auf der sogenannten Spiegelinsel an der Willy-Brandt-Straße. Laut aktuellen Planungen sollen die Häuser parallel zur Straße durch eine Mantelbebauung ergänzt werden. Das Areal soll unterschiedlich genutzt werden: Wohnungen, Büros, Hotels sollen entstehen.
Laut den Plänen des Fachamtes soll die Spiegelinsel zu einem Wohnstandort in zentraler, innerstädtischer Lage werden, der das Kontorhausviertel stärkt. Wegen der hohen Verkehrsbelastung müsste jedoch insbesondere ein ausreichender Lärmschutz sichergestellt werden. Nach jahrelangem Leerstand kam es auch auf der Spiegelinsel immer wieder zu kurzzeitigen Besetzungen durch Aktivisten.
Neue Flächen in Hamm, Wilhelmsburg und Finkenwerder
Neben diesen drei bekannten, umstrittenen Arealen soll das Bezirkliche Wohnungsbauprogramm um folgende neue Standort ergänzt werden: Großneumarkt 50 in der Neustadt. Kirchenweg 20 in St. Georg. Malzweg 21 in Borgfelde. Hammer Steindamm/Nerlichsweg in Hamm. Sievekingdamm 7 in Hamm. Niedergeorgswerder Deich 62 – 64 in Wilhelmsburg. Georg-Wilhelm-Straße 52 in Wilhelmsburg. Albershardtweg in Finkenwerder.
Die Grundlage für das Wohnungsbauprogramm in Hamburg-Mitte bildet der 2011 zwischen Senat und Bezirk geschlossene “Vertrag für Hamburg”. Ziel des Vertrages ist es, die Anzahl neu gebauter Wohnungen in der Stadt von ehemals etwa 3.500 auf 6.000 pro Jahr zu steigern. In Hamburg-Mitte sollen dabei etwa 750 Wohnungen pro Jahr gebaut werden. Entstehen sollen dabei vor allem bezahlbare Wohnungen für Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen.
Für das im Mai 2013 von der Bezirksversammlung beschlossene Wohnungsbauprogramm hat das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung die Stadtteile im Bezirk systematisch auf potentielle Flächen für den Wohnungsbau untersucht. Es konnte das Programm von 2012 bereits um 50 neue Flächen ergänzen.