Dieses Interview ist der Hammer. Pünktlich zum Trainingsstart des Hamburger Sportvereins meldet sich Klaus-Michael Kühne, Gönner und Mäzen des Clubs, im Hamburger Abendblatt zu Wort, und stürzt den HSV in neues Chaos.
Der Verein strampelt sich gerade durch eine Phase des Übergangs. Die alte Führung ist noch da, sie trifft offiziell alle Entscheidungen. Die neue Truppe des HSVplus, die die Mitglieder am 25. Mai gewählt haben und die Kühne unterstützt, beginnt offiziell am 1. Juli. Mitten hinein in dieses Vakuum spricht der Reiche, es spricht der Mann, der den Verein finanziell am Leben hält, der mitreden will bei den wichtigen Entscheidungen.
Coach Mirko Slomka? „Als Privatmann und HSV-Fan kann ich nur sagen, dass ich an diesen Trainer nicht glaube.“
Rafael van der Vaart? „Ich glaube, das Hamburger Umfeld ist für ihn zu schwierig geworden, er hilft uns nicht weiter.“
Jens Lehmann als möglicher Sportchef? „Da er ja bislang weder als Trainer noch im Fußballmanagement gearbeitet hat, weiß ich nicht, welche Position er bei uns bekleiden könnte. Aber ich fände es gut, wenn er zu unserem Team gehören würde.“
Die Probleme beim Übergang zwischen den alten und den neuen Entscheidern im Verein? „Wenn jetzt nicht endlich die Reformer zum Zuge kommen und stattdessen weiter törichte Entscheidungen getroffen werden, muss ich mir ernsthaft überlegen, ob ich es nicht leid bin.“
Der Hamburger Sportverein befindet sich finanziell in einer, gelinde gesagt, bescheidenen Situation. 100 Millionen Euro Schulden wurden in den vergangenen Jahren angehäuft. Niemand außer Klaus-Michael Kühne scheint derzeit bereit, im zweistelligen Millionenbereich zu investieren. Kühne weiß, dass der HSV ohne ihn nicht überlebensfähig ist. Und diktiert seine Bedingungen.
Er hat HSVplus unterstützt, deshalb soll diese Initiative endlich an die Macht kommen. Dass die Satzung etwas anderes vorsieht, die Geschäfte erst in zwei Wochen übergeben werden können? Ist ihm egal. Wenn der Meister spricht, haben die Lehrlinge zu gehorchen.
Deshalb ist dieses Interview so verheerend: Klaus-Michael Kühne setzt alle im Verein öffentlich unter Druck. Jeder weiß, dass sein Wille geschehen muss. Doch was passiert, wenn sich eine seiner Forderungen nicht durchsetzen lässt? Trainer Mirko Slomka ist jetzt schon eine lame duck, eine lahme Ente. Findet Dietmar Beiersdorfer, der neue Vorstandsvorsitzende, keinen schnellen Ersatz, geht er mit dem Menetekel der Übergangslösung in die Saison. Das gleiche gilt für Rafael van der Vaart. Wenn kein Verein ihn will, kann er sich fürstlich für das Absitzen auf Ersatzbänken entlohnen lassen. Und wenn Jens Lehmann nicht kommt? Hat Dietmar Beiersdorfer gleich seine erste Niederlage erlitten. So schnell könnte ein Hoffnungsträger entzaubert werden.
Der HSV braucht Kühne. Aber Kühne braucht den HSV nicht unbedingt, das hat er im Interview mit dem Abendblatt klargestellt. Wenn nicht geschieht, was er verlangt, überdenkt er sein Engagement. Schon vor dem ersten Trainingstag der neuen Saison ist der HSV wieder dort, wohin er nie zurückkehren wollte: im Ausnahmezustand.