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Drei Minuten für …

… die Hasenschaukel

 

Uns blutete das Herz, als wir letzten November die Nachricht bekamen, dass die Hasenschaukel vor dem Aus stehe. Unvorstellbar, dass das kleine rosa-grüne Idyll hinter der Reeperbahn nicht länger sein sollte. Noch ein Club, der zumacht und dann ausgerechnet der, der gerade den Preis als „Bester Live Club des Jahres“ erhalten hat?

Keine Frage, dieser Ort ist etwas Besonderes: nicht nur des plüschigen Interieurs wegen, sondern vor allem aufgrund des ausgewählten musikalischen Programms. Die Konzerte hier sind familiär wie sonst kaum irgendwo. Die kleine, mit rosa Teppich bedeckte Bühne steht mitten im Publikum. Hier spielen Singer-Songwriter und Bands, die – zumindest in Deutschland – meistens noch ganz am Anfang ihrer Karriere stehen. Schon ein gewisser Gisbert zu Knyphausen gab hier vor Jahren die ersten Konzerte, die inzwischen regelmäßig ausverkauft sind. Es gilt die Politik der offenen Tür: die Konzerte kosten keinen Eintritt, stattdessen geht der Spendentopf um. Gut für die Künstler, die auf ein aufgeschlossenes Publikum treffen, aber auch für die Besucher, die ganz neue Bands für sich entdecken. Klar, dass die Betreiber sich hier kaum eine goldene Nase verdienen und mit einer gehörigen Portion Idealismus ausgestattet sein müssen.

knyphausen
Gisbert zu Knyphausen auf der Bühne der Hasenschaukel

Eng wird’s allerdings, wenn dieser Idealismus nicht angemessen honoriert ist: „Gestern hat tatsächlich ein Gast 70 Cent in den Beutel geworfen. Für zwei…“ sagt Anja, die zusammen mit Tanju die Hasenschaukel betreibt. Hinzu kamen letztes Jahr auch noch finanzielle Probleme, denen die zwei sich stellen mussten: „Der Sommer 2013 lief extrem schlecht, weil der Laden hinter einer Bauplane versteckt war. Dann kam auch noch eine Zahlungsnachforderung vom Finanzamt. Die hat so ein Loch in die Kasse gerissen, dass wir im November dachten, wir schmeißen alles hin … nachdem wir fast zehn Jahre lang jede Menge Herzblut, Arbeit und Geld hier reingesteckt haben“ erzählt Tanju.

Das alles klingt ziemlich ernüchternd und beschreibt wahrscheinlich nur einige der Herausforderungen, denen sich die Betreiber kleinerer Clubs täglich stellen müssen. Zum Glück ist das Hasenschaukel-Team aber inzwischen fern davon, das Handtuch zu werfen. Denn als die Nachricht einer drohenden Schließung nach draußen gelangte, kam direkt jede Menge positives Feedback: „Die Leute kamen auf uns zu, sagten, ihr dürft nicht aufhören, ihr macht das gut! Sogar andere Clubs haben ihre Hilfe angeboten. Wir sind jetzt noch ganz überwältigt.“ All das führte letztlich dazu, dass sie das Ruder noch einmal rumreißen wollen. Die Sommermonate sollen genutzt werden, um sich zu sortieren, den Laden frisch zu machen und das Programm neu aufzustellen. Und dann folgt im September, wenn alles gut läuft, die Wiedereröffnung.

“Ob das hier alles funktioniert, hat auch etwas mit Wertschätzung zu tun. Wertschätzung für die Musiker und auch für die viele Arbeit, die hinter alledem steckt. Die sieht keiner, aber genau dafür müssen und möchten wir die Leute sensibilisieren.“

Wohl wahr. Denn eigentlich kann jeder etwas tun, damit so charmante Kleinode, wie die Hasenschaukel eines ist, überleben können: hingehen, angemessen Kohle in den Spendenbeutel werfen und auch einfach mal sagen, wenn man etwas toll findet. Anlässe dafür gibt es im Mai zur Genüge, denn der Programmkalender ist noch mal prall gefüllt: Gisbert zu Knyphausen hat sich zum Beispiel für ein Zusatzkonzert am 20. Mai angemeldet und Ende des Monats darf man sich auf einen noch streng geheimen Special Guest freuen. Außerdem läuft ab Mitte Mai auf Nordstarter eine Crowdfunding-Aktion und Exil- und Benefizveranstaltungen in befreundeten Clubs und Locations sind ebenso geplant. Auch das traditionelle Woody Bash Festival wird im Juni stattfinden, allerdings im Knust.

Damit uns die Hasenschaukel als rosa Refugium auf dem Kiez also noch lange erhalten bleibt: Alle hin da, bevor es zu spät ist! Gerne auch mit konkreten Ideen, Anregungen oder Angeboten.