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Verkehrspolitik

Die Stadtbahn, eine Untote

 

Die Stadtbahn wird erneut in den Wahlkampf geschickt. Das zeigt nur, dass die Opposition programmatisch nicht vorangekommen ist.

Straßenbahn in der Mönckebergstraße. Archivbild von 1978. | © dpa
Straßenbahn in der Mönckebergstraße    Archivbild von 1978 | © dpa

Die Forderung, in Hamburg die Stadtbahn einzuführen und entsprechende Trassen zu bauen, wird aktuell mal wieder von der Hamburger CDU und dem Hamburger Abendblatt vorangetrieben. Zwar hat die CDU zusammen mit den Grünen bereits vor wenigen Jahren empfindlich zu spüren bekommen, dass die Stadtbahn von den Wählern nicht gewünscht wird, aber man kann es ja noch einmal versuchen, wenn andere Themen nicht gefunden werden können. Überhaupt ist Verkehrspolitik ja ähnlich wie Bildungspolitik, davon versteht ja irgendwie auch jeder etwas, weil man tagtäglich den Verkehr in Hamburg erlebt.

Ich finde eine Stadtbahn toll. Ich finde aber auch eine Rutsche vom Dach in einen Pool ganz toll. Nur wird beides sicherlich nicht realisiert werden. Die Gründe dafür sind ähnlich: Es ist teuer und eher unnötig.

Immer wenn ich in Zürich bin, dann bin ich begeistert, wie schnell man mit der Tram durch die Stadt kommt. Sitze ich im Auto, dann bin ich allerdings eher genervt, wie langsam man vorankommt, dass man nirgends parken kann und dass die Tram immer Vorrang hat. Hier wurde vor vielen Jahrzehnten eine Entscheidung für die Tram und gegen die Autos gefällt. Das finde ich gut und richtig. Die Verkehrsinfrastruktur wurde daraufhin so entwickelt, dass heute die Tram das bevorzugte Verkehrsmittel in Zürich ist. Immer wenn ich in Wien bin, dann freue ich mich über die Kombination von U-Bahn und Tram, vor allem diese nette nostalgische Ringbahn finde ich sehr schön zum Sightseeing.

Nicht der große Heilsbringer

So eine Straßenbahn ist schon eine tolle Sache. Nur: Sie findet direkt auf der Straße statt. Das geht zu Lasten der Autos. Ich finde das toll, so lange ich nicht im Auto sitze, aber ist es das, was den Verkehrsfluss in Hamburg wirklich voranbringt?

Natürlich ist es nicht nachvollziehbar, dass Siedlungen wie Osdorfer Born oder Steilshoop über Jahrzehnte nicht an das U-Bahn-Netz angeschlossen wurden, und natürlich war die Anbindung des Flughafens an die S-Bahn überfällig. Aber ich glaube nicht, dass die Stadtbahn nun der große Heilsbringer sein wird. Das Busbeschleunigungsprogramm des Senats mag aktuell für Baustellen sorgen und wenig sexy klingen, aber es hat kurzfristig zum Ziel, dass Busse schneller durch die Stadt kommen.

Eine Straßenbahn, um die Stadtbahn mal beim Namen zu nennen, würde über Jahrzehnte zu massiven Einschränkungen im Straßenverkehr durch Baustellen sorgen und danach den Verkehrsfluss der Autos beeinträchtigen. Es mag toll sein, wenn die Straßenbahn so nett nostalgisch klingelt, um Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer zu verscheuchen, aber wollen wir Hamburg wirklich in eine totale Großbaustelle verwandeln? Die Aufregung dürfte dann um einiges größer sein und länger anhalten als derzeit beim Busbeschleunigungsprogramm und der A7-Deckelung. Eine U-Bahn-Strecke ist zwar teurer und wird auch nicht über Nacht gebaut, hat aber den Vorteil, dass sie eine Entlastung bringt und nicht noch als zusätzliches Verkehrsmittel Platz auf der Straße beansprucht.

Die Stadtbahn wird als verkehrspolitischer Untoter nun erneut in den Wahlkampf geschickt, aber damit will die Opposition nur davon ablenken, dass sie nicht wirklich programmatisch vorangekommen ist in den letzten vier Jahren. Irgendwie finden zwar alle eine Straßenbahn nett – sie wird aber ein oppositioneller Wunschtraum bleiben, weil die Alternative aus Bus und U-Bahn viel praktikabler ist.