Der Eigentümer der Roten Flora, Klausmartin Kretschmer, hat offenbar Geldprobleme. Das Insolvenzgericht Hamburg untersucht jedenfalls, ob der Immobilienkaufmann zahlungsunfähig ist. Die Pläne Kretschmers, das besetzte linke Kulturzentrum zu kommerzialisieren, sind damit vorerst gestoppt – jedenfalls solange das Verfahren läuft.
Die Nachricht kommt nicht überraschend. Der Brandshof, den Kretschmer gekauft hatte, um ihn von der Industrieruine zum Kreativquartier zu pimpen, stand schon im Februar 2013 zur Zwangsversteigerung, ebenso das Restaurant Riverkasematten an der Hafenstraße.
Mit der mutmaßlichen Pleite des selbst ernannten „Kulturinvestors“ ist ein ungutes Experiment zu Ende gegangen. Als Kretschmer die Flora im Jahre 2001 zum Schnäppchenpreis von 190.000 Euro erwarb, nannte ihn Bürgermeister Ortwin Runde einen „Idealisten“, dem „jegliches Spekulantentum fremd“ sei. De facto ging es der SPD darum, mit dem Flora-Verkauf ein Reizthema aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Aber offensichtlich glaubte man in der liberalen Euphorie der frühen nuller Jahre tatsächlich daran, dass Problemimmobilien besser den ehrenwerten Absichten privater Mäzene zu überlassen seien. Kretschmer schien der ideale Privatisierungskandidat für überforderte, ideenlose oder klamme Stadt- oder Bezirkspolitiker zu sein.
Dass Kretschmer mit seinem Geltungsdrang der Kulturszene gehörig auf den Geist ging, hat Hamburgs Politiker zehn Jahre lang nicht gestört. Noch 2010 schickte der Senat Kretschmer zur Architekturbiennale nach São Paulo, um ihn unter dem Titel Der Hamburger Weg: Oberhafen-Kantine, Brandshof, Rote Flora von eigenen Wohltaten schwärmen zu lassen. Im selben Jahr fing Kretschmer damit an, von Kaufinteressenten zu tönen. 2013 trat dann sein „Berater“ Gert Baer auf den Plan, um mit Sticheleien und Räumungsforderungen die Rote Flora wieder zum Streitthema zu machen – mit dem Ziel einer Räumung. Die mutmaßliche Pleite Kretschmers ist kein Anlass zur Schadenfreude. Eine gute Lehre aber ist zu ziehen: Aus einem Politikum kann keine Privatsache werden.