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Hamburger SV

Eine Schelle zum richtigen Zeitpunkt?

 

Verteidiger Emir Spahić soll wiederholt einen HSV-Kollegen geohrfeigt haben. Ein Grund, seinen Vertrag im Sommer nicht zu verlängern? Ach was.

Um Emir Spahić zu verstehen, muss man sich nur mal die Bundesligatabelle angucken: Der HSV nimmt hier nahezu seit dem ersten Spieltag Plätze ein, die gefährlich sind. Sie gaukeln vor, alles sei in Ordnung.

Keine Europa-League, kein Abstieg – viele im und um den Verein empfinden das Dasein im Mittelmaß als fortschrittlich. Herrlich, diese Langeweile! Nur der im Sommer aus Leverkusen nach Hamburg gewechselte Innenverteidiger Emir Spahić stört die Idylle regelmäßig. Der Bosnier soll, glaubt man den vielen Gerüchten, seine Mitspieler bepöbeln und ihnen gegenüber handgreiflich werden.

Als Erstes traf es demnach Mittelfeldmann Lewis Holtby („Halt die Fresse! Sonst haue ich dir aufs Maul“), dann Matthias Ostrzolek und Nicolai Müller („Ihr Pussys geht mir besser aus dem Weg“). Stürmer Pierre-Michel Lasogga bedachte er mit einer Ohrfeige, weil ihm dessen Einstellung zum Fußballspielen nicht passte.

Und wie jetzt erst bekannt wurde, soll Spahić seine Unzufriedenheit abermals mit einem Schlag auf die Wange eines Mitspielers zum Ausdruck gebracht haben. Vor dem Spiel gegen Schalke 04 soll er den Stürmer Josip Drmić in der Dusche geohrfeigt haben. Kann man das tolerieren? Hat der HSV überhaupt noch eine andere Möglichkeit, als seinen Einjahresvertrag am Saisonende auslaufen zu lassen?

Unbedingt!

Sicher, der 35-Jährige ist ein unbelehrbarer Rüpel. Aber er ist auch ein beeindruckend robuster Abwehrspieler mit starkem Stellungsspiel. Und, viel wichtiger, er tut dem HSV mit seiner Art gut. Gerade jetzt. Es besteht die Gefahr, dass man beim HSV zu sorglos geworden ist, dass man sich im Bewusstsein zurücklehnt, im Nirgendwo der Tabelle vor sich hinzudümpeln. Dabei sind es gerade mal vier Punkte bis zum vermaledeiten Relegationsplatz. Möglicherweise wirkt da eine Ohrfeige, natürlich wohldosiert eingesetzt, motivierend. Auch Jürgen Klopp soll beim FC Liverpool schon mit diesem Mittel experimentiert haben.

Schlechte Vorbilder? Ach was. Man muss sich nur mal klarmachen, um was es geht: nicht um eine Beißattacke, nicht um einen Kung-Fu-Tritt, nein, um eine Ohrfeige. Das ist im Vergleich mit den wüsten Verhaltensweisen, die Fußballer ansonsten manchmal zeigen, harmlos. Plitsch, platsch – um Ohrfeigen drehen sich Filme und Romane, keine Skandale.

Entlastend muss auch angeführt werden, dass Spahić in der Kabine beziehungsweise angeblich in der Dusche ausgerastet ist. In einem Raum also, der eigentlich nicht öffentlich ist. Dass diese Geschichte nun trotzdem ihren Weg aus den Katakomben gefunden hat, bringt einen sogar in die Verlegenheit, darüber nachzudenken, ob Spahić und Drmić schon vor dem Spiel duschen. Das ist nun wirklich vollkommen irrelevant.