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FC St. Pauli

Konter, Gegenkonter, Gegengegenkonter

 

Der FC St. Pauli gewinnt in einem rasanten Spiel gegen Greuther Fürth – und sorgt dafür, dass unser Autor sich fühlt, als säße er nebenan auf dem Dom im Karussell.

Gleich in der ersten Minute fährt den Fans am Millerntor der Schreck in die Glieder: Innenverteidiger Philipp Ziereis spielt einen Rückpass, der zum Torschuss wird. Keeper Robin Himmelmann gelingt es nur gerade so, den Ball vor der Linie abzuwehren. Puuh, durchatmen, wie nach dem ersten Schwung in der Riesenschiffsschaukel nebenan auf dem Dom.

St. Pauli zeigt Flagge. Foto: Erik Hauth
St. Pauli zeigt Flagge. | Foto: Erik Hauth

Greuther Fürth setzt die St. Paulianische Abwehr an diesem Sonntagnachmittag anfangs stark unter Druck. Dieser gelingt es aber, den Ball nicht zu dicht ans eigene Tor heranzulassen. Und dann geht es gleich beim ersten Konter rund: Sebastian Maier fängt einen Pass ab und spielt ihn mustergültig zum vorauseilenden Daniel Buballa weiter. Der schnellste St. Paulianer auf dem Rummel nimmt seinen Schwung bis zur Grundlinie mit und legt auf Marc Rzatkowski ab – 1:0. Schon wieder Rzatkowski, er wird immer mehr zum Torjäger.

Nur eine Viertelstunde später packt der wieder genesene Marcel Halstenberg die Zuckerwatte aus und schlenzt den Ball vom linken Strafraumeck in den rechten Winkel: Traumtor, 2:0. Nun beginnen die Gäste aus Fürth damit, sich ernsthaft zu wehren. Der Anschlusstreffer fällt kurz vor der Halbzeit und bringt die Gäste zurück ins Spiel.

„Jetzt geht es los, anschnallen bitte.“ In der zweiten Hälfte dreht sich das Karussell immer schneller: Halstenberg schlenzt einen Freistoß mithilfe von Lennart Thys Hüfte an den Pfosten. Auf der Gegenseite erzielt Fürths Stürmer Sebastian Freis beinahe sein zweites Tor, Himmelmann aber pariert mit einem Weltklasse-Reflex.

Karussel auf dem Hamburger DOM vor dem Millerntor. Foto: Erik Hauth
Karussell auf dem Hamburger Dom neben dem Millerntor-Stadion | Foto: Erik Hauth

Uns Zuschauern wird langsam schwindelig. So schnell geht es hin und her. Konter – Gegenkonter – Gegengegenkonter – und noch eine Runde. Das Finale dieser rasanten Fahrt startet dann in der 75. Minute: Der wuchtige Kopfball des Fürthers Robert Žulj wird zur Niete mit der Aufschrift „Abseits“. Sein Tor zählt zu Recht nicht. Der Jubeltraube vor der Fürther Fankurve wird das aber erst nach und nach klar. Währenddessen spielt Marc Rzatkowski den Ball blitzschnell zu Torwart Himmelmann. Dieser zirkelt den fälligen Freistoß auf den Millimeter genau auf den Fuß von Waldemar Sobota.

Die meisten Fürther stehen noch hadernd am Strafraum der Braun-Weißen, während Sobota vor dem Tor auf der anderen Seite auftaucht. Sebastian Mielitz, der Keeper der Kleeblätter, kann seinen Schuss abwehren, den Nachschuss vom mitgeeilten Rzatkowski aber nicht. Eben hätte fast 2:2 auf der Anzeigetafel gestanden, jetzt heißt es 3:1. Kurios.

Der in der ersten Halbzeit eher durch seine schauspielerischen Fähigkeiten aufgefallene Fürther Žulj macht es aber noch einmal spannend, als er nur fünf Minuten später den Anschlusstreffer markiert. Aber am Ende reicht es für den zweiten Saisonsieg.

Dieser frühe Sonntagnachmittag fühlt sich am Ende nach einer Achterbahnfahrt an, bei der es obendrauf noch einen Liebesapfel zur Belohnung gibt. Völlig fix und alle feiern sich Spieler, Betreuer und Fans nach dem Abpfiff und verabschieden die durchgeschüttelten Fürther Spieler mit Applaus aus Hamburg.

Nach dem Abpfiff nimmt Ewald Lienen seinen Debütanten Yannick Deichmann in den Arm und wuschelt ihm über den Kopf. Nachdem sich Kapitän Sören Gonther bei der Aufwärmrunde verletzt hatte, musste der defensive Mittelfeldmann der U23 in der Innenverteidigung aushelfen. Das machte er besonders in der zweiten Halbzeit so stark, dass er für mich nach Waldemar Sobota und Marc Rzatkowski einer der Spieler des Spiels war. Würde mich nicht wundern, wenn er mit den restlichen Schaustellern vom Kiez nun am nächsten Wochenende auch mit zur Kirmes nach Leipzig reisen darf.