Eins zu vier – das Pokalspiel zwischen dem FC St. Pauli und Borussia Mönchengladbach endete eindeutig. Unser Autor fühlte sich trotzdem kurz an alte Erfolge erinnert.
Traditionell bestreitet der FC St. Pauli nur ein Pokalspiel pro Saison. Einzige gewichtige Ausnahme war die sogenannte Bokal-Serie vor zehn Jahren, als St. Pauli, damals noch als Amateurverein in der Regionalliga, hintereinander Burghausen, Berlin, und Bremen aus dem Pokal warf. Zwar war dann bei den Bayern im Halbfinale Schluss, die Helden von damals schmiedete dieser Erfolg aber zu einer legendären Mannschaft zusammen, die es später sogar in die erste Bundesliga schaffte. An diese Serie schien der FC St. Pauli am Montagabend anknüpfen zu wollen, zumindest in der ersten Halbzeit.
Mit dem Champions-League-Teilnehmer Borussia Mönchengladbach kam ein weiteres B ans Millerntor. Und die Gäste zeigten sich tatsächlich von Beginn an vom kompakten Pressing der komplett in Rot spielenden St. Paulianer beeindruckt. Blieben die Bälle nicht in der Mittelfeldreihe um Marc Rzatkowski und Enis Alushi hängen, fingen die Verteidiger die Vorstöße der Borussen ab. In der 7. Minute parierte Torhüter Himmelmann gewohnt sicher einen Schuss des Stürmers Raffael.
Im Gegenzug konterten die St. Paulianer über die schnellen Außenspieler Daniel Buballa und Waldemar Sobota und kamen so zu zahlreichen Chancen. Lennart Thy verpasste noch knapp, doch in der 34. Minute behielt Sobota nach einem schönen Anspiel durch Alushi den Überblick und servierte den Ball dem anstürmenden Rzatkowski, der ihn aus 16 Metern mit links in den Winkel drosch. Das Millerntor explodierte – 1:0! – der Außenseiter führte. Und zwar vollkommen verdient.
Fangesang am Millerntor: „Ich träum von Dir. In meinen Träumen bist du Europacupsieger. …“
Welche Worte Trainer Lucien Favre dann in der Halbzeit fand, weiß ich nicht. Auf jeden Fall kamen die Gladbacher vollkommen verändert aus der Kabine. Die ersten 20 Minuten der zweiten Halbzeit ließen sie St. Pauli einfach nicht an den Ball und kombinierten durch unsere Reihen. Der von Hannover an den Niederrhein gewechselte Lars Stindl avancierte mit seinem Sturmkollegen Ibrahima Traoré zum Matchwinner, als sie wie im Training an den Spielern des FC St. Pauli vorbeitanzten, als wären diese Mohnblumen auf einem Feld. In nur drei Minuten, von der 54. (Torschütze Stindl) bis zur 56. Minute (Traoré), drehte das B aus Gladbach das Spiel.
“…doch wenn ich aufwach, fällt’s mir wieder ein: Spielst ganz woanders, in Liga 2”
Die Kiezkicker versuchten tapfer spielerisch dagegen zu halten, konnten aber den inzwischen deutlich sichtbaren Niveau-Unterschied nicht ausgleichen. Merkwürdigerweise verzichteten die Spieler des FC St. Pauli auch darauf, über den Kampf ins Spiel zurückzufinden. Angefeuert und aufgerichtet von einem sehr lauten Millerntor, gelang es über den herausragend spielenden Sobota später trotzdem beinahe noch, die inzwischen auf 3:1 angewachsene Führung Gladbachs noch einmal zu gefährden. Der ungemein schussstarke Rzatkowski scheiterte aber bei seinem zweiten guten Versuch ebenso, wie später der eingewechselte Verhoek.
Dass später noch das 1:4 fiel, spielte dann auch keine so große Rolle mehr. Die Bokal-Serie fand an diesem lauen Sommerabend keine Fortsetzung und wir, die Fans des FC St. Pauli, freuen uns dann eben auf nächstes Jahr, wenn wieder das eine Pokalspiel unseres Vereins auf dem Spielplan steht. Vielleicht ja wieder gegen Bayern.