Mit dem kämpferischen Spiel gegen den 1. FC Nürnberg bewies der FC St. Pauli, dass er noch lebt. Einer sah sich die Wiedergeburt nicht an: Vereinslegende Thomas Meggle. Er wurde kurz darauf als Sportchef entlassen.
„Meggi, Messi: (fast) kein Unterschied“, hieß es auf einem Transparent an jenem Tag, als Thomas Meggle nach 174 Spielen und 44 Toren für den FC St. Pauli seinen Abschied gab. Meggle, kurz zuvor auch in die Jahrhundertelf des Vereins gewählt, ging als Aufsteiger am Ende der großartigen Jubiläumssaison 2009/2010. Damals genoss er Heldenstatus.
Doch dieser bröckelt seit zwei Jahren massiv – neben dem Feld. Seine drei Monate als Trainer endeten 2014 auf dem letzten Tabellenplatz. Und seine Zeit als Sportchef? Erneut sitzt der Verein am bitteren Ende der Rangliste. Und gestern Abend während des Spiels gegen Nürnberg ward einer nicht gesehen, weder am Spielfeldrand noch auf der Tribüne. Keiner konnte sagen, wo Meggi sich aufhielt. Gerüchte machten die Runde: Sportchef gefeuert?
Ein solches Szenario hat sich in den letzten Wochen abgezeichnet. Nicht Trainer Ewald Lienen machten die Fans für den Niedergang verantwortlich, sondern den Sportchef. Der hatte zugelassen, dass vier Leistungsträger den Verein verließen – aber die Löcher in Mittelfeld und Sturm konnte er bisher nicht adäquat stopfen.
Gestern Abend wurde bereits vor Anpfiff deutlich, wer im Verein zusammenhält. „Laufen bis der Arzt kommt“, zitierte ein Transparent in der Nordkurve aus der kürzlich von Lienen gehaltenen Brandrede. Und darunter stand: „Ewald, du bist St. Pauli.“ Zweites Signal: Als Lienen wie üblich seine Begrüßungsrunde auf dem Rasen drehte, wurde er frenetisch angefeuert. Drittes Signal: Unmittelbar vor Spielbeginn lief die Mannschaft noch schnell vor die Südkurve und vergewisserte sich mit den Ultras der gegenseitigen Liebe. Und viertes Signal: Als Christopher Buchtmann in der 6. Minute das Führungstor erzielte, ließ er sich nicht auf dem Platz feiern, sondern rannte auf direktem Weg zum Trainerstab.
Spieler plus Lienen plus Fans – und der Sportchef irgendwo im Nirgendwo. In dieser Konstellation zeigte der Verein am Montagabend eine sehr respektable Leistung. Hätten nicht 2.-Liga-Neuling Brian Koglin und Cenk Şahin ihre hochkarätigen Chancen vergeben, es hätte mehr herauskommen können als das 1:1-Unentschieden. Immerhin reichte es, um am Ende Erleichterung zu spüren. Die Truppe wurde nicht nur für die gezeigte Leistung gefeiert, sondern für die Erkenntnis, dass sie noch lebt. Wachgerüttelt hat sie der Trainer vor einer Woche. Die Spieler nahmen ihm nicht übel, dass er sie mit heftiger Kritik überschüttete. Im Gegenteil. Nachdem im Pokalspiel gegen Hertha eine positive Reaktion zu spüren war, schweißte sich gestern die Allianz aus Spielern plus Trainer plus Fans demonstrativ zusammen.
Vielleicht geht es jetzt tatsächlich endlich aufwärts. Nur einer ist ab sofort nicht mehr dabei. Der FC St. Pauli hat Thomas Meggle einen Tag nach dem Spiel freigestellt. Hoffentlich noch früh genug, bevor ihm sein Heldenstatus komplett abhanden kommt.