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Hamburger Erwachsenenbildung bleibt analog

 

Die Volkshochschule Hamburg bietet sehr viele Kurse an, und das zu den unterschiedlichsten Fachgebieten. Die digitale Transformation der Hansestadt  verschläft sie allerdings komplett. Ich möchte das an zwei Beispielen illustrieren.

Das erste Beispiel hat viel mit dem zeitgemäßen Vermitteln von Inhalten zu tun. Kennen Sie MOOCs? Nein? Na, da haben Sie mit der Volkshochschule Hamburg eines gemeinsam. Dort kennt man scheinbar auch keine Massive Open Online Courses, obwohl dieser Trend seit einigen Jahren den Bildungsbereich durcheinanderwirbelt. Die VHS Hamburg hat sich folgende Vision verordnet:

Wir wollen vor diesen Herausforderungen als Ort und intelligente Organisatorin lebendiger und innovativer Lernkulturen wachsende Bedeutung für Menschen aller Altersgruppen, gesellschaftlichen Milieus und Erfahrungshorizonte gewinnen.

Nur leider lässt sich am Kursangebot der VHS Hamburg nicht festmachen, dass innovatives Lernen auch über Kursangebote vor Ort hinaus gehen kann. Während an Universitäten zunehmend mehr Vorlesungen online gestellt werden und Kursanbieter wie Khan Academy, Coursera oder auch Craftsy, um nur einige zu nennen, immer beliebter werden, finden sich bei der VHS nur ein paar Schnupperangebote online, aber keinesfalls ganze Kurse.

Das ist aus mehreren Gründen sehr schade. Zum einen bietet das Netz eine nie dagewesene Form der Teilhabe, die auch Menschen in die Lage versetzt, Bildungsangebote wahrzunehmen, die nachmittags oder abends wenig oder gar keine Zeit haben, weil sie beispielsweise alleinerziehend sind, arbeiten müssen oder in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Zum anderen bieten derartige Onlinekurse natürlich auch neue Zuverdienstmöglichkeiten für Kursleiter, die auf einmal über die Stadtgrenzen Hamburgs hinweg in der Lage sind, Kursteilnehmer zu finden. Selbst die Uni Hamburg ist da schon weiter und bietet einige Onlinekurse an.

Das zweite Beispiel hat etwas damit zu tun, wie sich Hamburg gerade verändert und welchen Beitrag die VHS dazu leisten kann. In Hamburg boomt der IT-Sektor, Anfang des Jahres gab es fast 10.000 Unternehmen in dieser Branche mit mehr als 50.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch mit 1.300 offenen Stellen, die über Jobbörsen ausgeschrieben waren. In Hamburg werden derzeit Namen von einstellungswilligen Programmierern nur unter der Hand weitergereicht, so ein rares Gut stellen sie seit vielen Jahren dar.  Also könnte man meinen, dass die Volkshochschule Hamburg die Gunst der Stunde nutzt und versucht,  Menschen mit Kursen zum Thema Programmieren hinzuführen.

Weit gefehlt. Es gibt nur eine Handvoll Kurse – und diese sind nicht zu wirklich aktuellen, trendigen Themen wie Ruby on Rails, Node.js, ObjectiveC, oder oder oder – sondern etwa zu Java, ein Kurs zu PHP/MySQL und dann noch VBA-Programmierung für Excel. Das ist traurig, sehr sogar. Dabei hätte die VHS Hamburg so viel Potential, Menschen zu erreichen und sie für das Programmieren zu begeistern. Wie es anders geht, zeigt die Initiative Hacker School Hamburg, die für Jugendliche zwischen 13 und 19 Jahren die vielfältigsten Kurse anbietet, von Raspberry Pi über Ruby on Rails bishin zu Minecraft, Arduino und Security.

Die Verschlafenheit der VHS Hamburg in diesem Bereich zeigt, wie wenig bei den Bürgern der Stadt Hamburg überhaupt präsent ist, dass Hamburg als IT-Standort wächst und wächst. Es ist zwar löblich, dass die VHS Hamburg EDV-Kurse anbietet, aber ehrlich gesagt muss langsam mal eine Schippe draufgelegt werden und es sollten die Zeichen der Zeit erkannt werden, so wie es andere Anbieter seit Jahren vormachen.

Gerade von einer Volkshochschule erwarte ich, dass sie die Digitialisierung der Lehrinhalte konsequent nutzt, um die Anzahl der Teilnehmer zu verbreitern. Im Bereich Programmierung ist es offensichtlich, aber auch viele andere Kurse würden davon profitieren. Wann wird die Volkshochschule Hamburg dieses Potential für sich nutzen?