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Hamburgs beste Zeilen

Nu heißt es Abschied nehmen

 

Sechs Jahre hat der Poetry-Slam-Künstler Jasper Diedrichsen in Hamburg gelebt. Jetzt sagt er Tschüss. Mit einem Gedicht von den Landungsbrücken.

FAREWELL TO PRINCE’S LANDING STAGE

Ich bin vor sechs Jahren in Hamburg gelandet:
Nur in Hoffnung gewandet, plus ein kleiner dünner Schal
Bin am Elbstrand gestrandet wie ein kleiner dünner Wal,
Verirrt durch den holsteinischen Gezeitenstrom –
Oder wie ein schreckhafter Schreiber, der seit Seiten schon
Rumredet um den heißen Brei –
Oder wie eine Robbe, die dem weißen Hai
Zu entkommen sucht, in dem sie an Land fand
Ach, Blödsinn …

Vergleichsweise schlechte Vergleiche
Um zu beschreiben, wie hilflos ich damals war

Dann aber tauchte ich auf
Wie aus der Flut, in der ich untergegangen war
Aus dieser brackbraunen Brühe
Zwischen Fischbrötchen und Savannen-Musical
Zwischen „Hafenrundfaaaaahrt!“ und dem Wunder von Bern
Das seltsamerweise genau hier geschieht
An der Elbe

Heute:
Ich steh und seh wehmütig seewärts an den Landungsbrücken
Schau traurigen Auges auf der Barkassen schaumige Brandungslücken
(Dies ist mein erster Schüttelreim
Aber sicher nicht das erste Mal, das er gemacht wird)
Und danke meiner Retterin, der Elbe
(Lebe erst mal. Lass dich treten. Tritt wieder!)

Hamburg ist mir über Jahre ein sich’rer Hafen gewesen
Die Stadt zu verlassen, ist jedes Mal wie ’ne Strafe gewesen
Sie ist freundlich zu mir über alle Maßen gewesen
Und allein nachts die Leuchtreklamen ihrer Straßen zu lesen
Oder die goldenen Lichter hier im Hafen zu sehen
Reicht jedes mal aus, mir vor Rührung den Atem zu nehmen

Aber jetzt zieht’s mich weg, an anderen Ort
Ich lieb zwar die Seeluft hier in Hammonias Auen
Aber: Man kann ja nicht nur von Luft und Liebe leben
Nu heißt es Abschied nehmen

Navigare necesse est
Vivere non est necesse
Sed sine vita non navigamus
Wie man unter Seemännern sagt
Leider kann ich nicht so gut Latein wie Seemänner

In diesem Sinne: In Hamburg sagt man Tschüss!