Der Website-Anbieter Jimdo entlässt 70 Mitarbeiter. Züge zum Fehmarnbelttunnel dürfen 200 Kilometer pro Stunde fahren. Die Kolumne „Unerwartet und Unbemerkt“
Unerwartet
Die Hamburger Start-up-Szene ist anders als die in London oder Berlin überschaubar. Umso wichtiger sind hier Erfolgsgeschichten für unsere Stadt. Als eine von ihnen galt bis vor Kurzem Jimdo. Das Unternehmen bietet Websites nach dem Baukastenprinzip an. 2007 starteten die drei Gründer Jimdo. Seitdem ging es im Wesentlichen bergauf. Es wurde Risikokapital eingesammelt, aber nur mit Bedacht. Es wurden Mitarbeiter eingestellt. Und nach außen wurde durch Imagefilme eine typische Start-up-Wohlfühlatmosphäre transportiert. Jimdo öffnete sogar Büros im Ausland.
Laut eigenen Angaben wurden mittlerweile mehr als 15 Millionen Websites mit der Software aus Hamburg erstellt. Im Oktober folgte jedoch der Bruch, das Ende der Wohlfühlatmosphäre: Ein Viertel der Mitarbeiter muss sich einen neuen Arbeitgeber suchen. Das sind etwa 70 Personen. Alle Bereiche des Unternehmens werden betroffen sein, einige sollen sogar ganz geschlossen werden, berichtet das Magazin Gründerszene.
Welche Bereiche betroffen sind, wurde noch nicht öffentlich gemacht. Mitgründer und CEO Matthias Henze verrät in einer Pressemitteilung lediglich: „Wir haben es versäumt, eine effektive Managementstruktur einzuführen. Daher mussten wir heute leider die harte Entscheidung treffen, uns von einigen unserer Kolleginnen und Kollegen zu trennen.“ Das Unternehmen hätte sich zuletzt stark vergrößert, teilt Jimdo mit. Man verzeichne das schnellste Wachstum an Neukunden in der fast zehnjährigen Firmengeschichte. Auf Mitarbeiterebene sei es allerdings zu schnell gewachsen.
In der Pressemitteilung klingt Jimdo also weniger wie ein blumiges Start-up, sondern wie ein klassischer Konzern, der versucht, schlechte Nachrichten wie gute darzustellen. Die drastische Entlassungsentscheidung betitelt die Firma als „Unternehmensumstrukturierung, die Geschäftsprozesse vereinfachen und Innovation fördern wird“. Immerhin: Den Mitarbeitern, die betroffen sind, will Jimdo ein „überdurchschnittliches Abfindungspaket“ anbieten.
Unbemerkt
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat im vergangenen Monat eine kleine Änderung beschlossen, die kaum Beachtung gefunden hat, für viele Hamburger aber wird sie deutliche Auswirkungen haben: Die Züge zum Fehmarnbelttunnel sollen 200 Kilometer pro Stunde fahren dürfen.
Der Tunnel soll 2024 in Betrieb gehen. Er soll die deutsche Insel Fehmarn und die dänische Insel Lolland direkt für den Straßen- und Schienenverkehr miteinander verbinden. Den größten Teil der Kosten übernimmt die dänische Seite. Für Deutschland fallen jedoch Kosten für die Anbindung an. Bisher war geplant, eine Zugstrecke zu nutzen, auf der Personenzüge bis maximal 160 Stundenkilometern fahren dürfen. Nun soll es deutlich schneller werden. Von Hamburg nach Kopenhagen oder auch anders herum käme man damit künftig in rund zweieinhalb Stunden. Aktuell fährt man fast doppelt so lang.
Die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke erfordert einige Planänderungen im Bau. Bei Bahnstrecken, auf denen Züge mit Tempo 200 fahren, reichen klassische Bahnübergänge nicht aus, es braucht Brücken oder Tunnel. Wie aufwendig eine solche Bauarbeit ist, kann in Hamburg derzeit jeder unweit des Horner Kreisels erleben. Zudem kosten sie viel Geld. Der Bund hat sich allerdings bereit erklärt, die Kosten zu übernehmen.
Die Entscheidung im Haushaltsausschuss fiel mit großer Mehrheit. Eingesetzt für die Veränderung haben sich insbesondere Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein, darunter der SPD-Mann Norbert Brackmann, der die neue Planung laut Abendblatt folgendermaßen begründet: „Davon profitieren vor allem die Kommunen entlang dieser Strecke in Ostholstein.“
Für Hamburgerinnen und Hamburger ist all das aber auch eine feine Sache. Sie bekommen eine schnellere Zugverbindung in die dänische Hauptstadt als zunächst geplant, müssen dafür nicht direkt mehr bezahlen (Geld vom Bund ist natürlich irgendwie auch anteilig Hamburger Geld) und haben keine Baustellen vor der Tür. Ein dreifacher Gewinn. Das passiert auch nicht alle Tage.