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FC St. Pauli

Kneipp-Kur am Millerntor

 

Nach Kneipp’schen Maßstäben ist der FC St. Pauli kerngesund. Wer sich so oft heiß und kalt abduscht wie der Kiezclub in letzter Zeit, der fördert die Durchblutung und die Abwehrkräfte. Bluthochdruck produziert in erster Linie der Hamburger Boulevard, wenn er St. Pauli in einer Woche zum Aufstiegskandidaten hochschreibt und der Mannschaft in der darauffolgenden Versagen unterstellt. Dabei streben weder die Fans am Millerntor noch die sportlich Verantwortlichen (derzeit) in die erste Liga – auch wenn sich natürlich niemand beschweren würde, sollte es zum Aufstieg kommen.

Schaut man sich die Ergebnisse der letzten Spieltage an, wechselten sich warme und kalte Duschen sehr regelmäßig ab. Nach dem laukalten 0:0 gegen Ingolstadt zu Hause gab es das erste Mal seit Langem Pfiffe – auch von der Gegengeraden, welch ein Affront! Anschließend rauften sich das Millerntor und die Mannschaft zusammen. Demonstrativ stellte sich die Fanschaft hinter die Mannschaft und die versprach im Gegenzug, das ihre zu tun, um gegen Fürth das schönste Unentschieden der Saison herauszukämpfen.

Auswärts in Sandhausen ging das Wechselspiel von kalten Duschen und warmen Schauern weiter: Führung Sandhausen, Ausgleich St. Pauli, Sandhausen dreht das Spiel wieder, Ausgleich St. Pauli und das 3:2 durch Ratsche in der Schlussphase.

"Hier nicht aufsteigen", liest hier unser Autor; Foto: Erik Hauth
„Hier nicht aufsteigen“, liest hier unser Autor; Foto: Erik Hauth

Als der Relegationsplatz mit diesem Sieg wieder in greifbarer Nähe war, folgte prompt der Aufstiegsauftrag aus dem Hamburger Boulevard. Diese Berichte über Aufstiegsszenarien sind in den letzten Jahren zu einer Art Medienmantra geworden, nach denen der FC St. Pauli übrigens regelmäßig verlor. Ich frage mich dann immer, ob die Spieler tatsächlich ihre Bewertungen in der Bild lesen…? Auf jeden Fall konnte das gegen Kaiserslautern nur in die Hose gehen, die Niederlage war ja schon herbeigeschrieben.

Als der FC St. Pauli gegen den starken FCK die Führung aufbrühte, ging die Kneipp-Kur weiter. Eiskalt der Rückstand, Tschauners brennende Schulter, lind kühlender Ausgleich durch Kringe – naturheilkundlich gesehen fast perfekt. Dann der Sonntagsschuss des Gegners, der aus dem pulsierenden Tag die schönste Niederlage der Saison macht.

Da hätte man den Hahn abdrehen und erfrischt den Rest der Saison zum Fest ausrufen können, wenn es diese „letzte Chance“ nicht noch gegeben hätte, aufzusteigen.

Ein mäßig temperiertes 1:1 in Cottbus lässt uns nun immer wieder zum HSV herüberschielen: Da geht es wenigstens noch heiß her.