Auf dem Festival Knotenpunkt 14 stellen internationale Urban-Art-Künstler aus. Besonders beeindruckend: Die Bären-Installation der Kanadierin Laurence Vallières.
Bildhauer, die im Großformat arbeiten, haben es nicht leicht. Ihre Arbeiten sind schwer zu transportieren und zu lagern. Daher finden sie seltener Ausstellungsmöglichkeiten als Maler oder Fotografen, die sogenannte Flachware produzieren. Laurence Vallières, Skulpturen-Künstlerin aus Montreal, zeigt jetzt auf dem Knotenpunkt-Festival, wie man diese Schwierigkeit umgehen kann: Sie arbeitet mit Karton, mit verhältnismäßig leichtem Material also. Und sie erschafft ihre Skulpturen direkt im Ausstellungsraum.
Als ich Laurence das erste Mal in der alten Fabrikhalle des Kolbenhofs treffe, ist ihr rund zwei Meter hoher Polar Bear gerade fertig geworden. Die junge kanadische Künstlerin hockt inmitten eines Berges von Pappkartons und schneidet mit dem Cuttermesser an weiteren, kleineren Skulpturen: An Köpfen von Pandabären, die wie Jagdtrophäen an den Wänden hängen.
Auch wenn die Darstellungen der Tiere spielerisch und — solange man nicht direkt in die bedrohlich schauenden Gesichter blickt — fast schon niedlich wirken: Die Motivation von Laurence ist stets politisch: „Eisbären haben durch das Schmelzen der Polarkappen und aufgrund umstrittener Jagdgesetze in Kanada eine schwere Zeit“, sagt sie. Jahr für Jahr würden es weniger. Die Umweltbestimmungen in ihrem Land seien inzwischen auf dem gleichen niedrigen Level wie in Saudi-Arabien.
Die Pandaköpfe an der Wand sind Teil der Installation Polar Bear. „Sie kommentieren unsere Geschäftsbeziehungen zu China“, erklärt Laurence. Erst jüngst habe es einen Deal gegeben, in dessen Folge zwei chinesische Pandas im Zoo von Toronto untergekommen seien. Auf der einen Seite werden diese Gäste empfangen, auf der anderen sterben die heimischen Eisbären — diesen Zustand kritisiert Laurence mit ihrem Werk. Was das Umweltbewusstsein der kanadischen Politik angeht, ist ihr Urteil hart: „We suck, and it’s worth talking about.“
Laurence freut sich darüber, wie sie in Hamburg aufgenommen wurde. Sie habe zwar noch nicht viel von der Stadt gesehen, aber eine Menge Künstler kennengelernt, mit denen sie auf Vernissagen gegangen sei. Für die vier Betreiber der Affenfaust Galerie, die nun bereits zum zweiten Mal die in Hamburg einzigartige Gruppenausstellung Knotenpunkt14 veranstalten, hat sie nur Lob übrig: „Das Festival ist gut organisiert und die Jungs haben einen sehr hohen Anspruch.“
Bei europäischen Ausstellungsmachern und Urban-Art-Galeristen steht Laurence Vallières derzeit hoch im Kurs: In diesem Jahr hat sie unter anderem in Lyon bei Spacejunk ausgestellt, einer der Pioniergalerien dieser Kunstrichtung. Dann zeigte sie ihre Kunst in der Colab Gallery in Weil am Rhein. Hier lernte sie Frederik Schäfer von der Affenfaust Galerie und den Hamburger Künstler 1010 kennen, die sie in die Hansestadt einluden.
„Um ehrlich zu sein, hatte ich zuvor noch nicht von Hamburg als Kunststadt gehört“, sagt Laurence . Da aber Deutschland insgesamt einen sehr guten Ruf unter Künstlern in der ganzen Welt habe, sei sie überzeugt davon, dass Hamburg im Oktober der Ort sei, an dem man sein müsse.
Wer überprüfen möchte, ob Laurence mit ihren Worten richtig liegt, sollte sich an diesem Wochenende auf den Weg zum Kolbenhof machen. Über drei Etagen des ehemaligen Industriegebäudes sind auf 850 Quadratmetern neben Laurence Vallières noch sehr viele weitere, großartige Künstler vertreten. Teilweise ebenfalls mit vor Ort entstandenen Arbeiten.
Das Urban-Art-Festival Knotenpunkt 14 findet vom 2. bis zum 5. Oktober auf dem Kolbenhof, Friedensallee 128, in Hamburg-Bahrenfeld statt. Genaue Öffnungszeiten sowie das Programm finden Sie auf der Homepage knotenpunkt.net