Soll Hamburgs berühmtester Strand in Övelgönne einen Radweg bekommen? Besser erst mal abwarten – das Milieu der Fahrradfeinde altert sowieso.
Mal sollen angeblich ganze Stadtteile zerstört werden (Busbeschleunigung), mal Einkaufszonen (Stadtbahn) oder Wohnstraßen (U-Bahnhof) – und nun zur Abwechslung mal ein Strand. Jedes Verkehrsprojekt hat seine Engpässe, an denen der Platz nicht für alles reicht und die beste Lösung am Ende nur die am wenigsten schlechte ist. Die Zerstörungsrhetorik ist in solchen Konflikten die Sprache eines verkehrspolitischen Krawallmilieus. Dessen Vertreter wollen alles für sich und nichts für ihre Widersacher und fabulieren sich darum in eine Art Notwehrlage hinein.
Ein Strand? Es geht um den Hamburger Strand, den Strandperlenstrand von Övelgönne. Dort prüfen die Bezirksfraktionen von SPD und Grünen in Altona, so vorsichtig muss man es formulieren, ob sich am Ufer möglicherweise ein Radweg bauen ließe – nicht aus schierer Begeisterung für das Fahrradfahren am Strand, sondern weil die Alternativen auch nicht gut sind.
Ein Radweg vor der Strandperle? Nur über unsere Leichen!, rufen die Gegner.
Das Elbufer von Övelgönne kennen wohl die meisten Hamburger, allerdings nur in einer Ausnahmesituation: Am Wochenende drängen sich auf dem schmalen Fußweg zwischen Strand und Häusern die Spaziergänger, weshalb Radfahrer absteigen und schieben müssen. Das mag dem Spaziergänger einleuchten, aber das Radfahrverbot gilt auch morgens im Berufsverkehr, wenn Strand und Fußweg verlassen daliegen. Der Radfahrer, der auf dem Weg zur Arbeit und zurück zweimal täglich eine Viertelstunde Verzögerung in Kauf nimmt, muss erst noch geboren werden. Weshalb das Vorhaben, einen nennenswerten Anteil der Autofahrer auf der morgens und abends chronisch verstopften Elbchaussee zum Umstieg aufs Fahrrad zu bewegen, auch nicht recht vorankommt.
In dieser Lage könnte man von allen Beteiligten erwarten, dass sie die Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen: Man kann alles lassen, wie es ist, dann bessert sich aber auch oben auf der Elbchaussee nichts. Man kann auf der Elbchaussee Fahrradwege schaffen. Das würde aber den Autos Platz wegnehmen und weder Auto- noch Radfahrern gefallen. Oder man schließt unten am Elbstrand die Lücke im längst vorhandenen Uferradweg. Dann wird man die Straße entlasten, aber dafür vor allem an Sommerabenden Konflikte zwischen Strandbesuchern und Radfahrern provozieren.
Welche Lösung ist die am wenigsten schlechte? Vielleicht diese: einfach abwarten. Das Milieu der Fahrradfeinde altert, in einigen Jahren ist es wahrscheinlich ausgestorben. Den Radweg kann man dann immer noch bauen – und womöglich finden ihn die meisten eines Tages sogar ganz schön.