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Drei Minuten für ...

… Pecha Kucha

 

Jeder Teilnehmer hat 20 mal 20 Sekunden Zeit, um seine Idee vorzustellen. Egal ob es um He-Man-Figuren, Seitan-Würstchen oder Spenden für einen guten Zweck geht.

Die Scheinwerfer sind auf Michael gerichtet. Er steht auf der Bühne der Fabrik und erzählt, wie er mit Pfandbechern die Welt ein Stück besser machen möchte. Er schwäbelt stark und redet ziemlich schnell. Muss er auch, denn er hat nicht viel Zeit. Sechs Minuten, vierzig Sekunden, um genau zu sein.

Das klingt erst einmal viel, ist es aber nicht. Vor allem nicht für Michael Fritz, der als Gründer von Viva Con Agua auch abendfüllend über Bioklos, Unterwäsche-Trampen und die vielen vielen anderen Spenden-Aktionen der NGO erzählen könnte. Doch der nächste Speaker steht schon in den Startlöchern…


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Pecha Kucha in der Fabrik am 14. Mai 2014, Foto: Patrick Salmy

So läuft das eben bei den Pecha Kucha Nights: mit Hilfe von 20 Powerpoint-Folien, die jeweils genau 20 Sekunden stehen bleiben, kann hier jeder vor Publikum über seine persönliche Herzensangelegenheit sprechen – welche auch immer das sein mag. Diese ziemlich straffe Vortragstechnik kommt aus Japan und ist dazu gedacht, der Langeweile der Zuhörer vorzubeugen, dem „death by powerpoint“-Syndrom. Pecha Kucha Nights gibt es weltweit in vielen Städten und sie funktionieren so gut, dass das Publikum den Veranstaltern die Bude einrennt. Nicht verwunderlich, denn das Ganze ist überraschend, kurzweilig und extrem unterhaltsam.

Da ist eine Jungimkerin, die vom Bienensterben berichtet, ein Kunsthistoriker, der über seine He-Man-Figuren-Sammlung plaudert, Seitan-grillende BWL-Studenten, ein sehr unterhaltsamer Einblick in die Hanseatische Materialverwaltung und immer wieder viele, die sich für den guten Zweck einsetzen. Und jedes Mal Linda Salicka, die durch den Abend führt und den Nervöseren unter den Speakern die Hand hält.

Die Hamburger Studentin Linda Salicka stolperte in Frankfurt in eine Pecha Kucha Night und war begeistert. So sehr, dass sie zusammen mit Janka Riedel-Lorjé über Nacht ein Konzept schrieb, das sie sich offiziell von den japanischen Erfindern abnicken ließen – und los ging’s mit den Pecha Kucha Nights Hamburg. Ihre Premiere gaben die zwei vor einem Jahr im Haus 73. Ohne viel Werbung, aber direkt mit 200 Besuchern, obwohl sich die zwei schon über 30 Besucher gefreut hätten. Von Mal zu Mal wurden es mehr. Zuletzt war die St. Johanniskirche mit 500 Leuten bis auf den letzten Platz besetzt.

Offensichtlich haben Linda und Janka einen Nerv bei den Hamburgern getroffen: wahre Geschichten von echten Menschen, das alles non-profit und mit jeder Menge freiwilliger Helfer. Denn genau darum geht es: keine Akquise-Veranstaltungen, kein Business-Quatsch, sondern Leute, die etwas auf die Beine gestellt haben und hier einen Ort finden, um davon zu berichten und andere mit ihren Ideen anzustecken.

In der Fabrik wurde gerade das einjährige Jubiläum mit viel Konfetti und ein paar bekannten Gesichtern aus der Pecha Kucha Familie gefeiert. Der He-Man-Fan Sebastian Hartmann zum Beispiel, der sich nicht nur für Plastikfiguren interessiert, sondern auch auf Street-Art-Walks durch Hamburg führt. Oder der Fotograf Kevin McElvaney, der sich mit seiner Ausstellung AGBOGBLOSHIE gegen illegale Transfers von Elektro-Schrott nach Afrika engagiert. Neu auf der Bühne waren der Künstler und Musiker Sven Myer, der das Publikum durch kollektives Brummen in Stimmung brachte, und Christian Dittloff, aka „Der dichte Fürst“, der höchst kunstvoll über das Verliebtsein dichtete.

Die nächste Pecha Kucha Night wird dann im Herbst stattfinden. Und wer eine gute Idee im Ärmel hat, die er schon immer mal einem geneigten Publikum vorstellen wollte, kann sich gern bei Linda melden. Wir sind gespannt!