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Bürgerschaftswahl

Schlau, schlauer, Scholz

 

Der Bürgermeister legt sich früh auf die Grünen als Koalitionspartner fest. Damit spaltet er die Opposition. Aber gewinnt er so die Wähler?

Schlauheit, dein Name ist Olaf Scholz. Der alleinregierende Erste Bürgermeister Hamburgs ist ein Großmeister politischen Spürsinns. Auch seine neueste Äußerung ist diesem Talent zuzuordnen. Auf die ernüchternden Ergebnisse in den Bezirksversammlungswahlen, bei denen die SPD in allen Bezirken bis zu 10 Prozentpunkte an Wählerstimmen verloren hat, reagiert der Mann mit einer Festlegung: Sollte es bei den Bürgerschaftswahlen im Februar 2015 nicht mehr für die Alleinherrschaft reichen, „fragen wir als Erstes die Grünen“.

Olaf Scholz mit Weitsicht. |© Axel Heimken/dpa
Olaf Scholz mit Weitsicht. | © Axel Heimken/dpa

Man kann sich nun fragen, ob dies eine gute Nachricht für die Grünen – und für die Stadt – ist. Schlau ist der Schritt auf jeden Fall. So hat Scholz die Partei, die ihm am gefährlichsten werden kann, schon mal vorsorglich in Geiselhaft genommen. Die Umweltbewegten werden, diese mächtigen Aussichten vor Augen, der Regierungspartei im Wahlkampf kaum allzu sehr auf die Füße zu treten – die Opposition ist gespalten.

Leider steht dieser Vorgang in einer Reihe mit weiteren machttaktischen Manövern des Bürgermeisters. So ließ er unlängst seinen Verkehrssenator und den Hochbahn-Chef in einer überstürzt anberaumten Pressekonferenz Pläne für eine neue, milliardenteure U-Bahn-Linie 5 präsentieren. Die Machbarkeit und die Finanzierung sollen erst nach der Bürgerschaftswahl geklärt werden. So wird ein drängendes Problem dieser Stadt, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, noch weiter nach hinten verschoben. Aber, und um das scheint es Olaf Scholz vor allem gegangen zu sein, der Bürgermeister hat der Opposition so ein mögliches Erfolgserlebnis vergällt. Diese hatte nämlich – oh Schreck! – schon ein paar Sozialdemokraten von ihren Plänen für eine Stadtbahn überzeugen können. Auch das Papier dreier ehemaliger hochrangiger Politiker Hamburgs, die sich um die Zukunft des Hochschulstandorts Sorgen machen, ließ er an sich vorbeiziehen – anstatt die Chance zur Debatte zu ergreifen. Die Schelte in der Bürgerschaft musste seine Bildungssenatorin einstecken.

Ja, Olaf Scholz ist schlau. Er weiß, wie man gewinnt – oder jedenfalls seine Chancen verbessert. Aber in der Opposition machen sich Frust und Lähmung breit, man fühlt sich nicht mehr ernst genommen von der Macht. Scholz kann nur hoffen, dass die Wähler nicht von ähnlichen Gefühlen heimgesucht werden.