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Schwer nachvollziehbar

 

Marcelo Díaz ist der Grund, warum der HSV noch in der Bundesliga spielt. Doch gegen Wolfsburg saß er nur auf der Bank. Ist er nicht gut genug für Hamburg?

Wenn mich vor dem Spiel jemand gefragt hätte, ob ich mit einem Unentschieden gegen den VfL Wolfsburg zufrieden wäre, hätte ich die Frage höchstwahrscheinlich mit „ja“ beantwortet. Das liegt zum einen daran, dass beim HSV immer noch der eine oder andere Stammspieler verletzt fehlt. Zum anderen hat der Gegner aus Wolfsburg gerade erst 3:2 gegen Manchester United gewonnen.

Das Spiel endete 1:1. Ich hätte also zufrieden sein können. War ich aber nicht, was vor allem am Spielverlauf lag. Der HSV dominierte die erste Halbzeit, ging in der 21. Spielminute verdient in Führung und tat dann leider etwas, was er nur allzu gerne tut, wenn er in Führung geht: Er stellt das Offensivspiel ein. Komplett.

In der zweiten Halbzeit hatte ich das Gefühl, dass der HSV mehr gegen die Uhr als gegen den VfL Wolfsburg spielt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der HSV das Gegentor kassieren würde. Und gerade als ich das Gefühl hatte, die Strategie des HSV könnte vielleicht doch aufgehen, fiel der Ausgleich tatsächlich noch, kurz vor dem Ziel, in der 78. Spielminute.

Alles in allem muss der HSV aber zufrieden sein mit dem Ergebnis. Wolfsburg war die klar bessere Mannschaft und hätte, wenn man die gesamten 90 Minuten betrachtet, auch einen Sieg verdient. Dass es nicht zu einer Niederlage für den HSV kam, lag vor allem am starken René Adler, der in dieser Saison endgültig zum Führungsspieler gereift ist.

Ist der Retter nicht mehr gut genug für den HSV?

Der chilenische Nationalspieler Marcelo Díaz, der sich selbst wohl auch als Führungsspieler bezeichnen würde, saß gegen den VfL Wolfsburg nur auf der Bank – die kompletten 90 Minuten. Für diejenigen, die es vergessen haben sollten: Marcelo Díaz ist der Grund, warum der HSV dieses Jahr überhaupt in der Bundesliga spielt.

 

Die Nachspielzeit im Relegationsrückspiel gegen den Karlsruher SC lief bereits, als Díaz die legendären Worte „Tomorrow, my friend“ in Richtung Rafael van der Vaart sprach, sich den Ball schnappte und per Freistoßtor den sicheren Abstieg für den HSV abwendete. Nur einen Monat später gewann Díaz mit Chile die Copa América, das südamerikanische Pendant zur Europameisterschaft. Und dieser Spieler soll auf einmal nicht mehr gut genug für den HSV sein?

Labbadias Argumentation geht folgendermaßen: Der formstarke Lewis Holtby ist gesetzt, bleibt also noch ein Platz im defensiven Mittelfeld. Dort setzt Labbadia derzeit lieber auf den 21-jährigen Gideon Jung, weil dieser besser mit Holtby harmoniere als Díaz. Angesichts der eher durchwachsenen Leistungen von Jung ist das für mich nur schwer nachvollziehbar. Dem Chilenen ist die Reservistenrolle schon lange nicht mehr zu vermitteln.

Díaz möchte den HSV nun im Winter verlassen. Das ist verständlich. Und wenn Labbadia tatsächlich der Meinung ist, dass er Marcelo Díaz nicht braucht, dann sollte der HSV dem Chilenen keine Steine in den Weg legen und ihn ziehen lassen. Das ist das Mindeste, was der Verein für seinen Retter tun kann.