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FC St. Pauli

Tollpatschig in die Misere gestiefelt

 

Auf dem Weg nach unten sind wir beim FC im Moment tatsächlich ziemlich unstoppable. Mit anderen Worten: Wir sind im freien Fall.

In der Halbzeitpause wurde trotz Personalmangels gewechselt. Den von Erfahrung und Kampf gezeichneten alten Hasen ersetzten zwei vielversprechende Talente. Sie zeichneten sich durch jugendliche Kreativität aus, waren Oberkante Unterlippe voll mit Motivation, sprühten vor Ehrgeiz. Unermüdlich strapazierten sie ihre Stimmbänder und sorgten mit einer abwechslungsreichen Playlist für ein ordentliches Aufbäumen. Auf der Tribüne. Als Vorsänger gaben die frischen Kräfte auf dem Zaun den Ton an, die Südkurve lärmte.

Auf dem Rasen jedoch blieb es still. Der berühmte Funke sprang nicht auf die Fußball spielende Mannschaft über. Das Spiel endete mit einem rumpeligen Gekicke, das zeitweise fast im Minutentakt vom Unparteiischen unterbrochen wurde (offensichtlich hatten die Gegner aus Düsseldorf Schwierigkeiten, sich in Zweikämpfen auf den Beinen zu halten).

Sie siegte trotzdem, die Fortuna vom Rhein. Und wir, der FC, können uns nach dem katastrophalen 0:1 vom Sonntag getrost fragen, ob wir uns analog zu der nach der römischen Schicksals- oder Glücksgöttin benannten Düsseldorfer Mannschaft einen neuen Namen suchen sollten. Umgekehrt analog zu den vom Schicksal Begünstigten. Wie wär’s mit Miseria St. Pauli? Das ist lateinisch und bedeutet „Elend, Not, Unglück“.

Denn wie soll man anders ausdrücken, was unserem Team mittlerweile regelmäßig gelingt? Wieder eine Niederlage durch Eigentor. Schon im letzten Spiel gegen Würzburg hatten wir es geschafft, mit einem tollpatschigen Eigentor den Gegner auf die Siegesstraße zu bringen. Nun erneut.

Immerhin sah das Eigentor von Buballa gegen Düsseldorf weniger dämlich aus. Aber reicht dieser Fortschritt in der B-Note, um die Liga zu halten?

Kaum. Am Ende des neunten sieglosen Spiels hintereinander wurde es nach dem Abpfiff noch mal laut. Auf den Rängen gab es enormen Diskussionsbedarf, einige Missfallenskundgebungen waren zu hören, und die Düsseldorfer Anhängerschaft sang hämisch fröhlich jenes Tote-Hosen-Lied, das ihnen am passendsten erschien, um uns in die Dritte Liga zu verabschieden: „Darum sagen wir / auf Wiedersehn. Die Zeit mit euch / war wunderschööööön …“

Funkels Statement hatte etwas von einer Predigt

Der Frust auf Hamburger Seite war an diesem Sonntag so groß, dass selbst die eigenen Fanlieder gleichzeitig wie Parodien oder wie eine realistische Vorahnung auf die nächsten Spiele klangen: „Uns kann keiner mehr stoppen!“ Auf dem Weg nach unten sind wir im Moment tatsächlich ziemlich unstoppable. In anderer Wortwahl: Wir sind im freien Fall.

Trotzdem glauben einige wenige an uns. Wenn sie auch nicht aus Hamburg stammen, so klang doch aufmunternd, was nach Spielende (neben der erwähnten Häme) akustiv aus dem Düsseldorf-Block kam: Laute „St. Pauli“-Rufe. Danke dafür! In der anschließenden Pressekonferenz setzte der Trainer noch einen drauf. Der Düsseldorf-Trainer. Friedhelm Funkel erklärte vor der versammelten Journaille, er wünsche sich, „dass St. Pauli diese Leidenschaft und Entschlossenheit beibehält“. Funkel ist überzeugt, dass der FC „wieder Glück haben wird“. Anders als die eine oder andere Gazette sieht er mit unserem Trainerstab und Vorstand „die handelnden Personen zur rechten Zeit am rechten Ort“.

Ist es ein gutes Zeichen, wenn die gegnerische Mannschaft uns nach dem Niederstrecken mit warmen Worten wieder aufzubauen versucht? Funkels ernst gemeintes Statement hatte etwas von einer Predigt. Immerhin klang sie nicht ganz wie eine Abdankungsrede. Aber sie erinnerte uns mit ihrem etwas besinnlichen Grundrauschen daran, dass Weihnachten näherrückt – wir aber nicht bis zu den Feiertagen warten können, um „wieder Glück“ zu haben.

Friedhelm Funkels letzte Worte daher in Fußballgottes Ohr: St. Pauli werde „bis zur Winterpause“ den Anschluss schaffen.