Im Streit um Flüchtlinge braut sich der nächste große Konflikt in der Hamburger Politik zusammen. Leider gibt es da nicht viel zu entscheiden
Man wird ja wohl mal fragen dürfen. Zum Beispiel, wie viele Flüchtlinge der eigene Bezirk so unterbringt. Die Umfrage, lanciert von Hamburgs Ex-Innensenator Dirk Nockemann, zurzeit AfD, ist die Quintessenz der AfD-Politik in den Bezirken. Die Zahlen, die er erfragt, sind belanglos, aber sie verändern die Stimmung.
Man wird auch mal fragen dürfen, ob Hamburg weitere Flüchtlinge aufnehmen soll. Zwar hat das Land in dieser Frage nichts zu entscheiden – weder kann es die Kriege beeinflussen, die Hilfesuchende nach Europa treiben, noch den Verteilungsschlüssel, der die Flüchtlinge einzelnen Ländern zuweist. Aber die Frage, gestellt im Hamburger Abendblatt, erzeugt die Illusion, die Asylpolitik missachte demokratische Prinzipien, weil eine Mehrheit dagegen sei. Auch das verändert die Stimmung.
Dem Abendblatt zufolge meinen 18 Prozent der Befragten, das Land habe schon zu viele Flüchtlinge aufgenommen. Weitere 43 Prozent halten die hiesigen Aufnahmekapazitäten für erschöpft. Letzteres lässt sich angesichts überfüllter Unterkünfte und provisorischer Zeltdörfer kaum bestreiten – aber es taugt nicht als Beleg für die These von der angeblichen Mehrheit. Mit erheblichem Aufwand schafft das Land gerade zusätzliche Kapazitäten. Was bleibt ihm auch übrig?
So schnell wird sich die Lage nicht entspannen. Schon jetzt genehmigt Hamburg Unterkünfte nach Polizeirecht. Die schiere Not, heißt das, zwingt das Land, sich auch über gut begründete Einwände hinwegzusetzen. In Farmsen wird eine ohnehin große Unterkunft erweitert, gegen den Rat einer örtlichen Initiative, die Flüchtlinge unterstützt. Die Zeiten werden härter, der Ton wird rauer, der Streit um Flüchtlinge kann der nächste große Konflikt der Hamburger Politik werden. Ausgerechnet in einer Frage, in der es wenig zu entscheiden gibt.