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Au revoir la Hausse

 

Es ist aus. Die Hausse, die den Dax seit 18 Quartalen (danke, Börsennotizbuch!, nicht Monaten) immer weiter nach oben getrieben hat, ist beendet. Das ist meine neue Wette: Im laufenden Jahr wird es kein neues Hoch im Dax mehr geben. Die lang ersehnte Korrektur hat begonnen.

Erstens war das Überwinden des alten Hochs aus dem Jahr 2000 ein Witz. In den ersten Minuten am vergangenen Freitag zog der Dax über die 8.136 Zähler und hielt sich dort Sekunden. Das ist lächerlich gewesen. Zweitens und viel gravierender spricht derzeit rein gar nichts für weiter steigende Kurse. Ich habe gestern für die aktuelle Ausgabe der ZEIT einen Kommentar geschrieben: Reif für die Korrektur. „Allein die Arithmetik der Finanzmärkte schreit nach einer Korrektur an der Börse. Steigen Euro, Ölpreis, Zinsen und Risikoaufschläge müssen Aktien fallen. Da gibt es eigentlich kein Vertun.“ Ich glaube, heute haben es die Investoren auch gemerkt. Die kräftigen Verluste im Dax, out of the blue, sprechen eine klare Sprache. Am Ende waren es wohl vor allem schwache Hände, die den Dax nach oben getrieben haben.

Neben dem Yen schaue ich mir seit einer Woche mehrmals täglich den Itraxx Crossover an, das Maß für Absicherung vor Ausfällen des europäischen Junkbond-Segmentes. Da spielt momentan die Musik. Heute morgen hat der Itraxx sein Hoch von Mittwoch mit 320 Basispunkten getoppt. Der Kreditbomm ist zu Ende, schrieb ich vergangenen Mittwoch. Ohne Kredit, ohne Leverage zerbirst die Fusionsfantasie an der Börse. Sehr schön in diesem Zusammenhang der heutige Aufmacher der FTD – unbedingt lesen. Er beschreibt, wie auf einmal die Liquidität für LBO’s arg knapp wird. LBO sind hochgehebelte Firmenübernahmen.

Die große Normalisierung hat begonnen. Erst haben Fed und Europäische Zentralbank die Notenbankzinsen normalisiert, nachdem sie erfolgreich 2002 und 2003 das Deflationsgespenst vertrieben haben. Dann haben sich die langen Zinsen normalisiert. Das ist im Juni passiert. Und jetzt geht es der größten Abnormalität, den Risikoaufschlägen für wackelige Schuldner an den Kragen. Jetzt kommt es hier zur Normalisierung. Der Itraxx hat noch ordentlich Potenzial nach oben!

Auch mit Blick auf die Konjunktur werde ich zunehmend unsicher. In Amerika braut sich mit dem hohen Ölpreis und den steil anziehenden Hypothekenzinsen bei gleichzeitig fallenden Immobilienpreisen etwas sehr Ungemütliches zusammen. In Euroland ist mir die Europäische Zentralbank viel zu aggressiv. Ihre Geldpolitik ist längst nicht mehr akkomodierend, sondern bestenfalls neutral, vielleicht sogar schon restriktiv. Und sie will noch einen oder zwei Zinsschritte gehen.

Deshalb: Selbst wenn die Unternehmensgewinne noch positiv überraschen sollten, für neue Höchststände sollte es nicht mehr reichen. Dass der Dax noch immer billig ist, ist ein Mythos. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis sieht optisch nur deshalb gut aus, weil die Bilanzierungsregeln geändert worden sind und weil die Banken so unglaublich niedrig bewertet sind. Das aber zu Recht. Sie werden die zunehmende Risikoaversion zu spüren bekommen. Und den Chartisten, die den Ausbruch der Indizes in Amerika als großartige Chance werten und dem Dax noch Potenzial bis 8.700 zutrauen, kann ich nur antworten: Von dem Strichmännchen habe ich noch nie etwas gehalten.

Auf Wiedersehen Hausse. Die Wette gilt.