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Fehlprognose – Produktion schwächer als erwartet

 

Gut, dass ich nicht gewettet habe – die Industrieproduktion ist im Juli nicht, wie ich erwartet hatte, um mehr als 2 Prozent gestiegen, sondern trotz der überaus starken Zahlen für die Auftragseingänge um 0,9% gesunken. Allerdings wurde der Juniwert von -0,1 auf +0,8 Prozent korrigiert. So etwas dürfte auch mit den Julizahlen passieren, aber erst einmal stehe ich dumm da.

Wenn die Aufträge anziehen, die Produktion aber stagniert, bedeutet das vermutlich, dass die Unternehmen erst einmal abwarten. Denn noch liegen die realen Aufträge um 19,9 Prozent unter ihrem Vorjahreswert, also immer noch mehr als die Industrieproduktion (-16,9 Prozent, Juli). Das entspricht den Ifo-Umfragen: Zwar haben sich die Geschäftserwartungen deutlich gebessert, die Lage ist aber immer noch mies.

Muss ich mich auch von meiner BIP- Prognose für Q3 verabschieden? Nein! Erstens werden die Julizahlen, wie gesagt, mit ziemlicher Sicherheit nach oben korrigiert. Zweitens liegen selbst diese mickrigen Zahlen bereits um 1,1 Prozent über dem Durchschnitt des zweiten Quartals, und drittens entwickelt sich der Außenbeitrag viel besser als erwartet. Heute früh kamen die Ergebnisse für die nominalen Exporte und Importe im Juli. Da wir schon die Außenhandelspreise für Juli haben, lassen sich überschlägig auch die realen Zahlen für diesen Monat berechnen. Heißt: Der reale Handelsbilanzüberschuss, der im zweiten Quartal im Monatsdurchschnitt €9,4Mrd betrug, erreichte im Juli, also im ersten Monat des dritten Quartals, €11,3Mrd. Er befindet sich seit dem dramatischen Rückgang im Januar weiterhin in einem soliden Aufwärtstrend. Ich vermute also, dass der reale Überschuss im dritten Quartal um rund €6Mrd höher sein wird als im zweiten – das allein steigert das reale Bruttoinlandsprodukt um etwa 1 Prozent oder, annualisiert, um 4 Prozent, was nicht allzu weit von meinen gestrigen 5 Prozent entfernt ist.

Ich bin, wie man sieht, weiterhin guten Mutes. Ob das dann so weitergehen kann, steht auf einem anderen Blatt. Nicht nur der starke Euro könnte uns einen Strich durch die Rechnung machen (gerade kostet er knapp $1,45), auch die Probleme der Banken sind nicht gelöst, den amerikanischen Verbrauchern ist die Luft ausgegangen, und ob die massiven fiskalischen Stimuli das asiatische Wachstumswunder noch lange lebendig erhalten können, ist auch nicht ausgemacht. Wir haben zudem keine Erfahrung damit, wie unsere Haushalte auf ein sinkendes Preisniveau reagieren werden. Wenn alles immer billiger wird, braucht man sich mit seinen Einkäufen nicht zu beeilen. Die Konjunktur ist daher noch nicht über den Berg – und massive Strukturverwerfungen gibt es obendrei. Schaun mer mal.