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Schon wieder frisches Geld für die Banken

 

Tolle Regierung: Finanzminister Wolfgang Schäuble behauptet, das Land müsse sparen. Deshalb sollen die Länder für die Ausfälle bei der Erbschaftssteuer und diverse andere Entlastungen im „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ nicht entschädigt werden. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Harry Carstensen protestiert und droht mit Rücktritt. Denn er muss zusammen mit Hamburgs Ole von Beust die HSH Nordbank retten. Also muss ein Schifffinanzierungs-Rettungspaket her, das einiges kosten wird. Die Kanzlerin stimmt uns in einer Videobotschaft schon auf den nächsten Opfergang zugunsten der Banken ein. Noch immer, so klagt sie, seien die netten Institute nicht freizügig genug bei der Kreditvergabe.

Also, so lesen wir bei dem in Sachen Linkspartei unzuverlässigen, in Sachen Regierungsvorhaben ganz gut informierten Online-Dienst Spiegel Online„, dass weitere 20 Milliarden Euro für die Banken locker gemacht werden sollen. Für 10 Milliarden Euro will die Regierung den Banken Forderungen (sprich faule Kredite) abkaufen. Für weitere 10 Milliarden Euro will sie „Globaldarlehen“ an die Banken verteilen, die das Geld als Kredit an die Unternehmen weiterreichen sollen. Das Ausfallrisiko trägt die Bundesregierung. Das Geld wird nicht aus dem für die Banken vorgesehenen Soffin-Topf genommen sondern aus dem für die Rettung der Realwirtschaft eingerichteten „Deutschlandfonds“.

Seit mehr als einem Jahr rechtfertigen die deutschen Regierungen ihre wahrlich umfangreichen Hilfsmaßnahmen für die Banken mit dem Argument, es solle eine Kreditklemme vermieden werden. Die gab es zunächst auch nicht ansatzweise. Die deutsche Wirtschaft ist nicht deshalb um einige Prozente abgesackt, weil Unternehmern oder Verbrauchern dringend benötigter Kredit verweigert worden wäre. Es fehlte vielmehr ziemlich plötzlich ein beachtlicher Teil der Exportnachfrage. Das Wachstum der Kreditvergabe ging dagegen gemächlich zurück, bis es etwa im Herbst dieses Jahres ebenso gemächlich negativ wurde. Kurz gesagt, die Kreditvergabe folgte der schlechten Konjunktur.

Klar, man kann sich schon Sorgen machen, dass irgendwann einmal die Versorgung mit Kredit zum limitierenden Faktor wird. Nämlich dann, wenn die Konjunktur wirklich anspringen sollte, wenn plötzlich Nachfragewellen aus dem In- und Ausland hereinzuschwappen drohen und/oder wenn gar die Investitionsneigung dank munterer Nachfrage und kümmerlicher Kapazitäten unbändig wird. Nichts davon ist auch nur im entferntesten der Fall. Natürlich gibt es Unternehmen, die dringenden Finanzierungsbedarf haben. Zum Beispiel weil sie auch in der Krise produzieren wollen, um später keine Marktanteile zu verlieren, aber ohne konkrete Kundenaufträge weniger Sicherheit bieten können. Generell aber gilt, der Rückgang der Kreditvergabe ist nachfragebedingt. Wenn Unternehmen klagen, dass sich ihre Kreditkonditionen verschlechtern, so liegt das meist daran, dass sich ihre Geschäftslage verschlechtert hat. Es stimmt zwar, generell spinnen die Banker. Aber so verrückt sind sie nun auch wieder nicht, dass sie in einen labiler werdenden Unternehmenssektor hinein billigen Kredit verschleudern.

Schließlich liegt das Nachlassen der Kreditvergabe keineswegs daran, dass den Banken die Mittel fehlen würden. Das ist nun wirklich absurd. Bei einem Leitzins von 1 Prozent und Tagesgeld unter Banken von unter 0,3 Prozent können die Banken, wenn sie denn wollten, jeden vergebenen Kredit locker und für sie günstig refinanzieren.

Noch vor zehn Tagen hat Frau Kanzlerin Industrie- und Handelskapital in Deutschland aufgefordert, mit den Banken „Tacheles zu reden“, sollten sie nicht genug Kredit vergeben. Und das ist dabei herausgekommen! Mir scheint, die Banker haben sich wieder einmal Frau Merkel vor die Brust genommen. Sie haben ihr vermutlich gesagt, wenn sie keine zusätzliche Unterstützung vom Staat erhalten, würden sie reihenweise umfallen. Und wer könnte wirklich behaupten, das sei unrealistisch?

Also tut diese Regierung kreuzbrav das Dümmste, was sie in der jetzigen Situation tun kann. Sie wirft den Banken Geld hinterher, hält den überdimensionierten Finanzsektor überdimensioniert, ohne dass das der Realwirtschaft auch nur ein bisschen Nutzen bringt. Sie schüttet in das Bankenfass eimerweise Geld hinein, weiß, dass dieses Fass einen löchrigen Boden hat, und hofft, dass aus dem Zapfhahn, der noch aus alten Zeiten steckt, aber aus guten Gründen geschlossen ist, irgendwann einmal ein bisschen Geld herauströpfelt.