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Deutschlands Parlamentarier und der Euro – ein Trauerspiel

 

Wer die deutsche Debatte um den neuen Rettungsfonds verfolgt, muss an der Demokratie zweifeln – zumindest an der Fähigkeit ihrer höchsten Repräsentanten, das Verständnis für die Vorgänge in einer modernen Volkswirtschaft auch nur annähernd aufzubringen.

Jetzt streitet also der Bundestag darüber, in wie vielen Schritten und wann Deutschland seine Kapitaleinlage in den ESM – rund 22 Milliarden Euro – leistet. Und wir bekommen zu hören, dass nun, da echtes Kapital fließe und nicht nur Garantien gegeben würden, endlich klar sei, dass die Rettung des Euro etwas koste.

Humbug. Wie der Fonds finanziert wird, ob über Garantien oder Cash, ist völlig egal. Jedem am Kapitalmarkt aufgenommenen Euro, den der Bundesfinanzminister nach Luxemburg überweist, steht eine Forderung in gleicher Höhe gegenüber. Das ist alles Volksvermögen, liebe Abgeordnete, egal wo es liegt. Entscheidend für die Gewinn- und Verlustrechnung ist, ob die Kredite, die der ESM vergibt, ausfallen oder nicht. Nur, wenn sie nicht zurückbezahlt werden, hat der deutsche Steuerzahler einen Schaden.

Und ja, der Bund bezahlt Zinsen, wenn er sich das Geld leiht. Aber der ESM wird das Geld anlegen, es ist unwahrscheinlich, dass Klaus Regling 80 Milliarden unter seine Matratze steckt, und – ganz genau – dafür Zinsen kassiert. Die kann er wieder ausschütten.

Man kann und sollte sich lange und trefflich darüber streiten, ob Europa eine Rettungsfonds braucht oder nicht. Ob Staatspleiten besser sind, als Liquiditätshilfen. Doch was die Abgeordneten aller Fraktionen derzeit abziehen, ist billigstes Buhlen um euroskeptische Wähler und nur noch peinlich.

Je länger ich dieses Spiel beobachte, desto mehr steigt mein Respekt vor Angela Merkel. Mit diesen Chaoten überhaupt eine kohärente Position in Brüssel vertreten zu können – das ist schon eine Leistung.