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Die EZB lernt dazu

 

Ich bin der Meinung, dass die Europäische Zentralbank maßgeblich zur Euro-Krise beigetragen hat. Sie war so auf die Inflation fixiert, dass sie nicht mitbekommen hat, wie sich riesige wirtschaftliche Ungleichgewichte aufbauten, die jetzt den Währungsraum zu sprengen drohen. Wer auf die Gefahren hinwies – unter anderem mein ehemaliger Kollege Sebastian Dullien und ich – wurde nicht ernst genommen, auch vom damaligen Chefvolkswirt Otmar Issing, der jetzt alles schon gewusst haben will.

In den vergangenen Wochen habe ich mit zwei Notenbankvertretern gesprochen, die mir Hoffnung machen. Es handelt sich um Jens Weidmann und Jörg Asmussen – und sie betonten beide die Wichtigkeit der makroproduzenziellen Instrumente. Konkret: Sie sagen, wenn es in einem Land zu Verwerfungen an den Finanzmärkten kommt, dann müssen sie durch Maßnahmen in diesem Land bekämpft werden.

Man kann die Bedeutung dieser Entwicklung gar nicht hoch genug einschätzen. Die EZB muss ihre Zinspolitik nun einmal am Euro-Raum insgesamt ausrichten, es geht nicht anders. Zugleich folgt aber daraus, dass der Durchschnitt im grünen Bereich liegt, noch keineswegs, dass auch alle Länder im grünen Bereich liegen: Wenn die eine Hälfte Europas in der Deflation steckt und in der anderen die Preise rasant steigen, ist insgesamt gesehen alles in Ordnung, aber natürlich ist das kein wünschenswertes Ergebnis. Und es gibt viele Entwicklungen, die noch viel dramatischer sind als ein Prozentpunkt mehr Inflation – eine Immobilienblase etwa.

Deshalb ist es so wichtig, geeignete Instrumente zu schaffen – damit zum Beispiel eine mögliche deutsche Immobilienblase national bekämpft werden kann, denn im Rest Europas besteht die Gefahr einer solchen Blase nicht und es wäre komplett falsch, angesichts der Rezession dort die Kreditbedingungen zu straffen. Die EZB kann nicht den Süden austrocknen, nur weil im Norden eine Überschwemmung droht.

Ein funktionierender makroprudenzieller Rahmen hätten einen Teil der Fehlentwicklungen verhindern können, unter denen wir jetzt leiden. Er ist die einzige Chance, die Währungsunion noch zu retten.