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Weimar, Weidmann und die Angst vor der Inflation

 

Ich sitze gerade in einem Hotelzimmer in Washington um ein Interview vorzubereiten und an meinem Buch zu arbeiten. Es geht – so viel sei schon verraten  – um die Inflation. Ich beschäftige mich dabei auch mit der Weimarer Republik und es ist erschreckend, wie die Angst vor steigenden Preisen die Politik damals gelähmt hat.

So gibt am 13. Oktober 1931  Reichskanzler Heinrich Brüning im Berliner Reichstag eine Regierungserklärung ab. Die Generalaussprache im Reichstag aber hat fast nur ein Thema: Die Inflation. Der Abgeordnete Johann Leicht von der Bayerischen Volkspartei dankt Brüning dafür, dass er „unter keinen Umständen einer neuen Inflation die Wege ebnen“ werde. Joseph Joos von der Zentrumspartei meinte: „Inflation war noch immer der Verderb für ein Volk. Wir haben dem Kanzler immer und immer wieder zugerufen: Legen Sie uns die härtesten Maßnahmen auf, aber lassen Sie das nicht zu.“

Das war wohlgemerkt im Jahr 1931. Damals waren in Deutschland bereits 4,5 Millionen Menschen ohne Arbeit – und die Preise sanken um 8,1 Prozent. Sie sanken, sie stiegen nicht. Für den Historiker Knut Borchardt ist klar, dass „in der Weltwirtschaftskrise in Deutschland eine Inflationsangst verbreitet war, die den Handlungsspielraum der wirtschaftspolitischen Instanzen eingeschränkt hat“. Sie hat dazu geführt, dass beschäftigungspolitische Maßnahmen bewusst knapp dimensioniert wurden, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, sie schürten die Inflation.

Das gilt etwa für ein von den Gewerkschaften vorgestelltes Programm zur Belebung der Wirtschaft, den nach den Initialen seiner geistigen Väter Wladimir Woytinsky, Fritz Tarnowund Fritz Baade benannten WTB-Plan. Es gilt aber auch für Vorschläge, Deutschland möge sich wie Großbritannien von der Golddeckung seiner Währung lossagen, um mehr Spielraum für die Bekämpfung der Wirtschaftskrise zu haben.

Ähnlichkeiten mit der Situation heute sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Update: Für alle Interessierten: Die Daten von damals.