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Selbstgerechte Bilanz unserer Wetten 2012

 

Was waren wir wieder gut! Das war der Tenor unseres diesjährigen Treffens, auf dem wir erst zurück und dann – natürlich – ins Jahr 2013 geschaut haben. Wir? Die drei Hirten Lucas Zeise, Dieter Wermuth und ich wetten jeweils zu Jahresbeginn, was alles so passieren mag. Und wenn es heißt, Bilanz zu ziehen, dann sind wir gewiss nicht objektiv. Was uns gefreut hat, war das große Bild, das wir gezeichnet hatten. Geld indes hätte man nicht überall drauf setzen sollen, denn beim Verlauf der Euro-Krise ist uns ein hellseherischer Fehler unterlaufen, der die schlimme Krise, die wir prognostiziert hatten, nicht hat eintreten lassen: Wir hatten den ungeordneten Austritts Griechenlands aus dem Euro in den Karten. Aber urteilen Sie selber, wie gut wir waren.

Besonders stolz sind wir auf folgende Prognosen:

Wird es Griechenland ohne Haircut schaffen, wird es Griechenland mit Haircut schaffen? Beide Antworten fielen eindeutig negativ aus.“ Es gab zwar einen Haircut, er reicht aber nicht und deshalb wird es einen neuen Schuldenerlass geben müssen, diesmal von den öffentlichen Gläubigern – aber wohl erst nach der Bundestagswahl!

Hält der Euro? Ja, er wird auch Ende 2012 noch offizielles Zahlungsmittel in Deutschland, Italien, Frankreich und Co. sein.“ Sic!

Nur welche Regierung, vielleicht mal abgesehen von der deutschen, […], wird ihre Banken retten können? Vielleicht gerade noch die französische, aber eigentlich auch die nicht. Deshalb wird die EZB diesen Job übernehmen. Sie wird die Institute verstaatlichen, schrumpfen und rekapitalisieren müssen, oder – was dasselbe wäre – ein ad hoc zu gründender europäischer Bankenrettungsfonds, der Anleihen begeben darf, die die EZB kauft.“ Der dauerhafte Europäische Rettungsschirm ESM darf Banken direkt rekapitalisieren, ohne dass die Staaten deshalb unter den Rettungsschirm müssen. Das hat 2012 gebracht.

Uff, das wird ein turbulentes und gefährliches Jahr. […] Aber wir sind optimistisch, dass Deutschland im EZB-Rat am Ende komplett isoliert sein wird, solange Bundesbankpräsident Jens Weidmann seine sture Position nicht ändert. Für die Holländer, Österreicher und selbst die Finnen wird die Finanzmarktstabilität das Prä haben.“ So war es, als EZB-Präsident Mario Draghi sich für unbegrenzte Staatsanleihekäufe eingesetzt hatte.

Nun aber zur Bilanz unserer zehn konkreten Wetten, die weit weniger doll aussieht:

Als Volltreffer und damit gewonnen werten wir …

  • Wette Nummer vier: Eurolands Wirtschaft schrumpft um 0,5 Prozent, Deutschland wächst noch um 0,8 Prozent. Die Weltwirtschaft wird in Kaufkraftparitäten um drei Prozent wachsen. Das soll uns erstmal einer nachmachen!
  • Wette Nummer fünf: Die Inflation in Euroland wird sich weiter zurückbilden und zwar auf 2,0 Prozent. Die 2,0 ist noch nicht ganz erreicht, aber im November lag die Inflationsrate bei 2,2 Prozent, im Jahr davor waren es noch 3,0 Prozent.
  • Ebenfalls richtig lagen wir mit Wette Nummer acht: Staatsanleihen in Deutschland und den USA werden zu den Gewinnern zählen. Die zehnjährige Bundesanleihe wird am Jahresende bei 1,5 Prozent liegen, kommend von 1,9 Prozent Ende 2011. Tatsächlich wurden es 1,3 Prozent. Doch diese Wette war ihr Geld wert!

Als in der Tendenz richtig, wenn auch nicht als Volltreffer werten wir …

  • Wette Nummer zwei: Die Bilanzsumme der EZB wird weiter steigen. Das tat sie, wenn auch nicht auf vier Billionen Euro, sondern nur auf drei!
  • Wette Nummer drei: Die EZB wir die Leitzinsen senken und zwar auf 0,5. Sie sanken nur auf 0,75 Prozent.
  • Wette Nummer acht: Die Rohstoffpreise werden gemessen am GSCI sinken – und zwar um 15 Prozent. Das war zu viel des Guten, aber gesunken sind sie und zwar um gut drei Prozent!

Als komplett verloren geben wir die Wetten …

  • Nummer eins: Griechenland wird in die ungeordnete Insolvenz geraten. Das haben Amis, Chinesen und der IWF der Kanzlerin gerade nochmal ausreden können!
  • Nummer sieben: Der Euro wird wegen des Griechenland-Austritts stark leiden und zum Jahresende bei 1,20 Dollar notieren. Er notiert bei 1,32 und liegt damit in etwa auf Vorjahresniveau.
  • Nummer neun: Der Dax wird zum Jahresende bei 5500 Punkten notieren, der S&P 500 bei 1200. In Wirklichkeit sind es deutlich mehr geworden. Der Dax liegt bei 7600, der S&P bei 1400. Wir hatten halt zu sehr auf Doom gewettet.
  • Nummer zehn: Die schwarz-gelbe Koalition übersteht wegen der Fundamentalopposition der FDP bei der Euro-Rettung das Jahr nicht. Die FDP hat ihre Fundamentalopposition aufgegeben.

Wie gesagt, im Konkreten waren wir schlechter als im Big Picture, aber zufrieden sind wir allemal und wünschen nun Ihnen, verehrte Leser und Kommentatoren des HERDENTRIEB ein glückliches und erfolgreiches Neues Jahr.

Ihr Hirte Robert von Heusinger